Samstag, 31. Dezember 2011

2012

Sie haben gute Vorsätze für 2012! Aber wissen Sie überhaupt, was Sie erwartet?
Bestsellerautor Walter-Jörg Langbein erklärt es Ihnen in 2012 - Endzeit und Neuanfang.

Das Buch zum neuen Jahr - aktueller und spannender kann das Jahr nicht beginnen. Laden Sie es am besten auf Ihren neuen Kindle, denn 2012 - Endzeit und Neuanfang passt zum Silvesterbrunch.

Einen guten Rutsch wünscht das Team von »Ein Buch lesen!«



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Montag, 26. Dezember 2011

Lesestoff für Ihren Kindle

WJ Langbein, Sylvia B.,
Ursula Prem, g.c.roth
Sie haben zu Weihnachten einen Kindle bekommen und sind auf der Suche nach dem richtigen Lesestoff?

Entdecken Sie jetzt die eBooks der Autorengemeinschaft »Ein Buch lesen!«

Sylvia B., Walter-Jörg Langbein, Ursula Prem und g.c.roth wünschen Ihnen ein anregendes Lesevergnügen und viel Freude mit Ihrem neuen eReader!




Sylvia B.: 
»briefe an lieschen« - Eine köstliche Satire über eine schlüpfrige Geschäftsidee
»ForenTroll« - Der neueste Teil der Lieschen-Reihe beschäftigt sich mit den Umtrieben im Internet.
»der tiger am gelben fluss« - tiefsinnige Poesie mit wunderschönen Illustrationen

Walter-Jörg Langbein:
»2012 – Endzeit und Neuanfang« - Was hat es mit der mysteriösen Maya-Prophezeiung auf sich?
»Lexikon der Irrtümer des Neuen Testaments« - Hat die Bibel manchmal doch nicht recht?
»Lexikon der biblischen Irrtümer« - Sind die Widersprüche in der Bibel ein Zufall?

Ursula Prem:
»Vorsicht Liebensgefahr!« - Ein Liebesdrama mit tödlichem Ausgang
»Einmaleins Walpurgisnacht!« - Das kleine Einmaleins mühelos auswendig lernen

g.c.roth:
»Bestatten, mein Name ist Tod!« - Humorvolle Einblicke in den Friedhofsalltag
»Fluffige und andere Zeiten« - Kurzgeschichten mit Humor und Tiefgang 
   

[Sie haben noch keinen Kindle?]


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Sonntag, 25. Dezember 2011

101 »Lelu und die Ruinen der Zyklopenbauten«

Teil 101 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Die Saga »Fluch der Karibik« wird fortgesetzt. Johnny Depp besteht auch in Teil 4 der Filmreihe grandiose Abenteuer und erobert die Herzen der Kinogänger. Sollte den Hollywoodgiganten zu Jack Sparrow nichts mehr Neues einfallen ... dann empfehle ich Recherchen zu William Hanry Hayes, genannt Bully Hayes. Der »Händler«, Preisboxer und Pirat Hayes soll auf Kosrae einen gigantischen Schatz vergraben haben ... der bis heute nicht gefunden wurde!

Unterwegs nach Kosrae - Foto W-J.Langbein
Bei meiner ersten großen Weltreise war die Insel Kosrae nur ein bedeutungsloser Zwischenstopp: Frankfurt–Amsterdam, Amsterdam–Tokio, Tokio–Guam, Guam–Pohnpei (Mikronesien, Ruinen von Nan Madol), Pohnpei–Kosrae, Kosrae–Honolulu, Honolulu–Sydney (Australien), Sydney–Port Vila (Vanuatu), Port Vila–Tanna (John-Frum-Kult), Tanna–Port Vila, Port Vila–Nadi (Fiji), Nadi–Honolulu, Honolulu–Minneapolis, Minneapolis–Detroit, Detroit–Frankfurt.

Die Landung war ein echtes Erlebnis, das ich so schnell wohl nicht vergessen werde. Der Flughafen liegt im Nordnordwesten des Eilands, direkt beim »Okat«-Hafen. Die Errichtung einer Landebahn auf dem Festland des kleinen Eilands wäre extrem aufwendig und teuer gewesen ... also errichtete man die Piste – 1753 Meter lang – im Meer, drei Meter über den Wellen. ... Offen gesagt: Ich halte das Applaudieren nach jeder Flugzeuglandung für eine alberne Unsitte. Als aber »unser« Pilot punktgenau »mitten im Meer« auf der schmalen Landebahn aufsetzte ... rechts und links von den Schaumkronen hoher Wellen begleitet ... da stimmte ich mit heftigem Händeklatschen in die rasch anschwellende Dankbarkeitsbekundung ein. Und als »unsere« Maschine dann nur wenige Meter vor dem abrupten Ende der Landbahn mitten im Meer zum Stehen kam, da kannte auch meine Begeisterung kaum Grenzen. Und hätte ich damals gewusst, dass das Eiland einst echte Monstermauern zu bieten hatte ... dann hätte ich einen Aufenthalt auf dem Eiland eingeplant ...

Touristisch erschlossen ist Kosrae bis heute nicht. Geradezu rührend mutet ein »Willkommensschild« aus Sperrholz an, das die wenigen Besucher aus der Fremde freundlich begrüßt ...

Willkommen ...
Foto W-J.Langbein
Mit einer Landfläche von knapp unter 110 Quadratkilometern ist Kosrae immerhin das zweitgrößte Eiland der »Föderierten Staaten von Mikronesien«. Die Felseninsel wird – und das ist die große Ausnahme – von einem Korallenriff geschützt. Acht kleine Nebeninselchen finden sich in diesem Schutzwall. Eine davon ist bewohnt: Lelu! Und Lelu bietet Ruinen ... die Ruinen der einstigen Monstermauern!

Kosrae hat einen vielversprechenden Namen: »Insel der schlafenden Lady«. Allerdings kann ich beim besten Willen nicht erkennen, dass die Konturen des Eilands an eine schlafende oder wache Lady erinnern ... Der massive steinerne Kern von Kosrae ist von üppigem Grün überwuchert ... wie ein Schloss aus dem Märchen. Die üppige Flora ist im wahrsten Sinne des Wortes Südsee pur. Wer sich mühsam abseits schmaler Trampelpfade durch das üppige, alles Menschenwerk aus uralten Zeiten verschlingende Grün kämpft, erahnt, welche archäologischen Schätze da noch auf Entdeckung warten mögen!

Da waren Meister der Baukunst am Werk! Da wurden einst zyklopenhafte Mauern aufgetürmt ... riesige Steinbrocken mit scheinbar spielerischer Leichtigkeit verbaut.

Ein Mitreisender erkundet den
Urwald - Foto W-J.Langbein
Wissenschaftliche Untersuchungen wie Datierungen wurden auf Kosrae kaum vorgenommen. Man vermutet, dass schon vor drei Jahrtausenden Besiedler aus dem polynesischen Raum eintrafen. Sicher ist das nicht. Vielleicht wurde die mysteriöse Inselwelt schon sehr viel früher entdeckt.

Falsch ist meiner Überzeugung nach die Datierung von »Steinbauten« auf der Insel Lelu. Angeblich wurden sie vor rund einem halben Jahrtausend errichtet ... Vor Ort erklärte man mir, man habe in den Ruinen Holzkohlenreste und Knochensplitter gefunden, die – laut Radiocarbonmessung – fünf- bis sechshundert Jahre alt waren. Meine Meinung: Mag ja sein, dass vor fünf bis sechs Jahrhunderten Menschen in den altehrwürdigen Ruinen hausten. Das müssen aber keineswegs die Erbauer der kolossalen Mauern gewesen sein!

Der Überlieferung nach eroberte der legendäre Isokelekel Nan Madol, des legendäre Venedig der Südsee ... Mit 333 Kriegern soll er das etwa 500 Kilometer entfernte Eiland besetzt haben. Nichts spricht dafür, dass Isokelekel und seine Mannen die monströsen Bauten von Nan Madol, Ponape, errichtet haben. Unklar ist auch, wieso in der kaum besiedelten Südsee meterdicke Mauern aufgetürmt wurden ... Mauern, die so gewaltig sind, dass wir auch heute noch vor einem Rätsel stehen. Welchen Zweck erfüllten sie? Wie wurden sie zum Teil um zehn Meter hoch aufgetürmt, aus gewaltigen Basaltsäulen?

Wie viele dieser monströsen Mauern gab es einst? Wie viele sind noch unter Urwalddickicht zu entdecken? Wie viele fielen den Naturgewalten zum Opfer und stürzten ein?

Mauern von Nan Madol
Foto: W-J.Langbein
Nan Madol lockt – wegen der exotischen Ferne – auch heute kaum Touristen an. Kosrae ist selbst Insidern kaum bekannt. Dabei wurden auf dem Inselchen Lelu im Osten von Kosrae ganz ähnliche Bauten wie auf Nan Madol errichtet! Weil Kosrae kaum von Fremden besucht wird, sind die finanziellen Mittel mehr als knapp. Und da kaum Geld in die Kassen fließt, wird auf Lelu auch nur sehr wenig getan, um die mysteriösen Mauern vom molochartig wuchernden Grün zu befreien.

Reich sollen die Herrscher von Lelu gewesen sein. Die Aristokraten bauten bombastische Steinpaläste ... für ihre Toten. Die Verstorbenen wurden aber in den bunkerartigen Räumen nicht zur ewigen Ruhe gebettet ... sondern offenbar nur vorübergehend aufgebahrt. Erst wenn von den Toten nur noch die trockenen Knochen übrig waren, wurden sie umgebettet und bestattet. Ein Heimatforscher erklärte mir vor Ort, es habe Kannibalismus gegeben. Das Fleisch der Vornehmsten sei rituell von den Knochen geschabt und verzehrt worden. So habe man die Kraft der Toten in sich aufgenommen.

Angeblich sollen auch heute noch Wissende das Geheimnis der vergrabenen Knochen kennen ... aber nicht preisgeben. Ihnen soll bekannt sein, wo die nackten Knochen zur letzten Ruhe gebettet wurden. Oder wurden sie nach vielen Jahren ausgegraben und verbrannt? Rätsel über Rätsel ...

Blockhaus-Bauweise von Lelu
Foto: W-J.Langbein
Die Baumeister von Lelu wie die von Nan Madol setzten natürlich »gewachsene« kristalline Basaltsäulen ein: Im Blockhüttenstil entstanden auf beiden Eilanden Zyklopenmauern. Immer wieder stellt sich die Frage: Warum wurde dieser gewaltige Aufwand betrieben? Warum wurden tonnenschwere Steinsäulen verbaut ... und nicht das in rauen Mengen vorhandene Holz? Sollten die monströsen Wände die Ewigkeiten überdauern? Und wenn ja: warum? Von meterhohen Mauern ragt nur noch ein Teil aus dem satten Grün. Es ist gefährlich, die Ruinen zu besteigen

Woher stammen die Steinmassen ... auf Nan Madol wie auf Lelu? Wie wurden sie bearbeitet, transportiert und verbaut? Fragen wie diese sind auch heute noch weitestgehend unbeantwortet geblieben! Von »Magie« sprechen die Einheimischen, die in grauer Vorzeit zum Einsatz gekommen sei. Von Zauberern, die die tonnenschweren Steinkolosse durch die Lüfte schweben lassen konnten ... berichten alte Überlieferungen. An solchen »Humbug« glaubt man als aufgeklärter Mensch natürlich nicht. Aber: klügere Antworten gibt es bis heute nicht.

Ich habe mich wiederholt durch Gestrüpp gekämpft, um mir einen Überblick über den Verlauf von Mauern zu schaffen. Eine »Entdeckung« machte ich: Was man wegen des wuchernden Grüns kaum fotografieren kann: die Mauern sind oft in Form eines Schiffsbugs aufgetürmt. Warum? Wollte man so den gefürchteten Gefahren des Meeres trotzen?

Mauern wie ein Schiffsbug
Foto: W-J.Langbein
Im 19. Jahrhundert erwarb sich William Henry Hayes einen höchst zweifelhaften Ruhm als »Händler« und Pirat. Schon zu seinen Lebzeiten kursierten Gerüchte über ihn als Barbetreiber, Sklavenhändler, Vergewaltiger, Aufrührer und Mörder. In Manila wurde er vor Gericht gestellt und zu Gefängnis verurteilt, weil er angeblich »politische Gefangene« aus dem Gefängnis befreit haben soll. Immer wieder sollen heftigste Anschuldigungen gegen ihn erhoben worden sein. Aber: Die Beweise reichten für eine Verurteilung nicht aus.

Im Sommer des Jahres 1868 machte eine Meldung nicht nur in den Häfen der Südsee die Runde. William Henry Hayes sei ermordet worden. Am 25. Juni 1868 vermeldete die Zeitung »Sydney Morning Heralds«: Hayes lebt, hat die Meldung über seinen Tod wohl selbst in Umlauf gesetzt, um die Justiz in die Irre zu führen. Hayes sei es vielmehr gelungen, ein Schiffswrack wieder flott zu machen ... und in See zu stechen!

Heute kann man nicht mehr unterscheiden zwischen historischer Biografie und fantasievoller Abenteuergeschichte. Fakt ist, dass Hayes – Seemann und gefürchteter Preisboxer – jahrzehntelang die Südsee befuhr. Immer wieder lief er mit seinem Schiff »Leonara« eine Bucht im Süden von Kosrae an. Hier sank auch die »Leonora« im Jahre 1874. Oder hat sie Hayes selbst auf Grund laufen lassen? Das Wrack wurde gefunden ... der Schatz des Piraten nicht!

Literatur
Fundierte Literatur zum Themenkomplex »Lelu / Nan Madol« ist schwer zu finden und fast ausschließlich in englischer Sprache verfasst. Folgende Werke kann ich für weiterführende Recherchen empfehlen:
Ashby, Gene (Herausgeber): »Micronesian Customs and Beliefs«, Pohnpei 1983
Ashby, Gene (Herausgeber): »Never and Always - Micronesian Legends, Fables and Folklore«, Kolonia, Pohnpei 1983
Ashby, Gene (Herausgeber): »A Guide to Pohnpei - An Island Argosy«, revidierte Auflage, Pohnpei 1993
Ballinger, Bill: »Lost City of Stone«, New York 1978
Brown, John Macmillan: »The Riddle of the Pacific«, London 1924
Childress, David Hatcher: »Lemuria and the Pacific«, Stelle, Illinois 1988
Childress, David Hatcher: »Ancient Tonga«, Stelle, Illinois, 1996
Childress, David Hatcher: »Ancient Micronesia«, Kempton, Illinois, 1998
Ellis, James J.: »Polynesian researches«, London 1932
Fox, Charles E.: »The threshold of the Pacific«, London 1924
Hambruch, Paul: »Ergebnisse der Südsee-Expedition 1908-10«, Berlin 1936
Morrill, Sibley (Herausgeber): »Ponape«, San Francisco 1970
»Polynesian Mythology«, Wellington, New Zealand, o.J.
Riesenberg, Saul: »The Native Polity of Ponape«, Washington 1968
Saxe, Dr. Arthur: »The Nan Madol Area of Ponape. Researches Into Bounding and Stabilizing an Ancient Administrative Center«, Office of the High Commissioner, Trust Terreitory of the Pacific, Saipan, Marianas Islands, 1980
Spegal, Lihp: persönliche Mitteilungen, aufgezeichnet vom Verfasser, Pohnpei, Februar 1998

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»2012«
Teil 102 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 01.01.2012

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Montag, 19. Dezember 2011

Ein Weihnachtsgruß

Ein Buch lesen!
…wünscht ein frohes Weihnachtsfest


Liebe Leserinnen und Leser,


ein ereignisreiches Jahr neigt sich dem Ende zu. Die Vorboten einer aufregenden Zeit im kommenden Jahr lassen sich für uns auch erahnen.
Bevor der Endspurt zum Fest einsetzt, möchten wir es nicht versäumen, Ihnen, Ihrer Familie und den Mitarbeitern ein fröhliches Weihnachtsfest zu wünschen. Rutschen Sie gut ins neue Jahr, für das wir Ihnen Kraft und Freude wünschen. Bleiben Sie uns gewogen ...


Ihr Team von


Ein Buch lesen!


Für Ihren Gabentisch haben wir genau das Richtige

Das ideale Geschenk für Krimifans:

Der hässliche Zwilling

Spannung und Wissen vermittelt:

2012 - Endzeit und Neuanfang: Die Botschaft der Mayas

Für die beste Freundin:

nimm es nicht persönlich

Mord im ostfriesischen Hammrich

Wird zu diesem Fest der Renner werden:

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Vorsicht Liebensgefahr!

2012 - Endzeit und Neuanfang: Die Botschaft der Mayas

ForenTroll - Ein modernes Märchen für Erwachsene

"Bestatten, mein Name ist Tod!"

Das Team von »Ein Buch lesen!« wünscht ein frohes Weihnachtsfest




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Sonntag, 18. Dezember 2011

100 »Wir sind eine Insel!«

Teil 100 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


»Niemand ist eine Insel«, so hieß eine Erzählung von Johannes Mario Simmel, die 1948 erschien. »Niemand ist eine Insel« war auch der Titel eines Simmel-Romans (1975), der 2011 verfilmt wurde ... Widerspruch, Herr Simmel. Wir alle sind eine Insel, so wie das mysteriöseste Eiland unseres Planeten ... »Rapa Nui«, alias »Isla la Pascua«, alias Osterinsel. Und so wie die Kultur der Osterinsel unterging ... so kann auch die unsere in einer selbstverschuldeten Apokalypse enden ...

Ein gefallener Riese - Foto W-J.Langbein
Er hatte dem Meer seinen Rücken zugewandt. Hochnässig-arrogant, wie es typisch für seine Art ist, hatte er ins Landesinnere geblickt. Er ignorierte die Gefahr, die vom Meer ausging. Er ignorierte die Gefahr, die tief im Inneren der Erde brodelte. In Sichtweiter erhob sich ein kleiner, sanft ansteigender Hügel ... friedlich, von grünem Gras überzogen. Kaum war noch zu erkennen, dass hier einst ein Vulkan brodelte. Keiner schien zu wissen, dass die gesamte Insel ihre Existenz gewaltigen Vulkanausbrüchen zu verdanken hatte. Wo einst nichts war als das unendliche Meer, da erstarrte Lava ... ausgespien aus dem Inneren der Erde.

Er hatte dem Meer seinen Rücken zugewandt, stolz und scheinbar unbesiegbar. Und dann kam es zu einem Erdbeben, das ihn von seinem Sockel stieß. Rücklings stürzte er, fiel wie in Zeitlupe und schlug krachend auf ... zum Meer hin. Sein Hals brach, sein mächtiger Schädel wurde vom Rumpf getrennt. Da lag er nun. Aus leeren Augenhöhlen starrte er in den Himmel, nur wenige Meter vom ewigen Rauschen der Brandung entfernt. Seine Augenhöhlen waren leer. Wer hat ihm die Kalksteinaugen gestohlen?
Mehrere steinerne Riesen liegen so ... von Naturgewalten hingestreckt ... nebeneinander, mit den Häuptern zum tosenden Meer. Wer hat sie aus dem Vulkangestein gemeißelt, wer hat sie errichtet? Sollten sie Denkmäler sein für die vermeintliche Macht der Menschen?

Riesenkopf am Strand
Foto: W-J.Langbein
Stolze Denkmäler für die Größe des Menschen ... zu Hunderten fielen sie innerhalb von Sekunden, schlugen auf, zerbrachen. Typisch für die menschliche Arroganz ist die Behauptung, die Kolosse seien von Menschen gestürzt worden. Als ob nur der Mensch die Riesen aus Stein hätte zu Fall bringen können! Nachdem ich mehrfach die Osterinsel besucht und insgesamt einige Wochen das Eiland erkundet habe, kann ich nicht mehr an diese Behauptung glauben. So wie die unzähligen Kolosse überall auf der Insel liegen, spricht alles für ein Erdbeben, das die monströsen Gestalten zu Fall brachte. Wie von einer Riesenfaust wurde das kleine Eiland in den unendlichen Weiten des Pazifik getroffen ... Hunderte von Kolossen fielen in die gleiche Richtung. Sie kippten von ihren steinernen Podesten, fielen, schlugen auf und ihr gewaltiges Eigengewicht ließ sie zerbrechen ...

Stolze Denkmäler ... für die Arroganz des Menschen ... ein Erdbeben warf sie um, zu Hunderten zerbrachen sie und blieben liegen. Jahrhunderte lang waren die Trümmer den Naturgewalten ausgeliefert. Der poröse Vulkanstein sog sich voll Wasser, bei oft rapide fallenden nächtlichen Temperaturen wurden Steinschichten förmlich abgesprengt, sodass so mancher Osterinselkoloss in Trümmern kaum noch als steinerner Kadaver zu erkennen ist.

Wieder aufgerichtete Riesen
Foto W-J.Langbein
In der Nähe des kleinen Hafens hat man versucht, fünf Osterinselstatuen wieder in altem Glanz auferstehen zu lassen. Besonders mitleiderrgenend ist eine eher sehr kleine Figur, die fast ihren ganzen Kopf verloren hat. Er ist verschwunden. Nur noch ein Stück des Kinns zu erahnen. Der größten fehlt der halbe Kopf, vom Gesicht ist nichts mehr zu erkennen. Bei der dritten Figur fehlt ein Drittel des Kopfes. Und der war offenbar durch den Sturz ganz abgebrochen und wurde – deutlich zu erkennen – von modernen Restauratoren wieder auf den Rumpf geklebt. Der vierten Figur wurde der ebenfalls beim Sturz abgebrochene Kopf wieder mit einer Art Zement aufgesetzt.

Es sind nur die kleineren Figuren, die restauriert und wieder aufgerichtet werden konnten. Zum Einsatz kam ein imposanter japanischer Kran, der mittelgroßen oder gar großen Steinriesen nicht mehr »auf die Beine« helfen konnte. Noch heute staune ich ob der Tatsache, dass man vor vielen Jahrhunderte – ohne Kran – wahre Statuenmonster auf Podeste stellen und ihnen außerdem noch riesige, tonnenschwere Hüte auf die Köpfe setzen konnte.

Auf dem Papier lassen sich schöne Theorien entwickeln ... von Rampen aus Steinen ... von Konstruktionen aus Holz. Seit Jahrzehnten heißt es immer wieder, man wissen nun, wie die Statuen transportiert, aufgerichtet und mit Hüten versehen wurden. Angeblich war dies relativ einfach und mit simplen Methoden zu bewerkstelligen. Wenn das vor Jahrhunderten so ein Kinderspiel war, wieso richtet man die unzähligen Kolosse heute nicht wieder auf? Wieso setzt man dann in der Regel selbst kleinen Statuen nicht mehr ihre Hüte aufs Haupt?

Kleiner Großer ohne Hut
Foto: Französische Touristin
Einst hielten die stolzen Insulaner ihre Heimat für den Nabel der Welt. Über diese Vorstellung können wir nur überlegen lächeln. Hochnäsig wie die Kolosse der Osterinsel blicken wir auf unsere Vorfahren zurück. Wir bilden uns ein, die Krone der Schöpfung zu sein. Wir sprühen vor Selbstbewusstsein. Wir haben die höchste Stufe der Entwicklung erreicht ... auf unserer Insel Erde im unendlichen »Meer« des Kosmos. Verächtlich blicken wir auf unsere »primitiven« Vorfahren zurück.
Im Steinbruch am Rande des »Rano Raraku«-Vulkans meißelten einst Arbeiterheere zum Teil gewaltige Kolosse aus dem Fels, transportierten sie über weite Strecken, richteten sie auf und plazierten tonnenschwere »Hüte« auf ihren Köpfen. Aus schneeweißem Kalk schnitzen sie Augen und setzen sie den Riesen in gemeißelte Augenhöhlen. War das ein magischer Akt, der den Kolossen so etwas wie Seele verleihen sollte? Waren unzählige Arbeitskräfte mit primitiven Mitteln am Werk? Oder waren es verhältnismäßig wenige Spezialisten, die über vergessene Techniken verfügten? Wir glauben lieber an Heere von Arbeitern, die mit simpelsten Mitteln meißelten, transportierten und aufstellten. Eine fortgeschrittene technische Kultur vor Jahrtausenden ... uns womöglich überlegen ... darf es nicht gegeben haben. Wir wollen doch die Größten sein!

Die Osterinsel ist heute ... ein Denkmal des Verfalls. Hunderte Statuen liegen zerborsten. Sie zerfallen, ja vergammeln zusehends. Podeste, auf denen einst stolze Statuen standen, bieten heute ein Bild des Jammers. Sie erinnern an längst vergangene Größe ... Einst trugen mächtige Plattformen kollossale Statuen, die aus kalkweißen Augen ins Landesinnere starrten. Von diesen mächtigen Podesten sind nur noch jämmerliche Überreste erhalten.

Einst trug die Osterinsel eine erstaunliche Kultur. Die uralte Osterinsel-Kultur wurde zerstört, ausgelöscht ... ist verschwunden. Können wir trotzdem etwas von der Osterinselkultur lernen? Wir wissen, dass die Osterinselkultur zerfallen und verschwunden ist. Wir sollten erkennen, dass unsere Kultur auch zerfallen und verschwinden kann. Manchmal scheint es mir, als wollten wir genau das erreichen! Die Osterinsulaner rodeten einst ihr Eiland kahl. Sie fällten nach und nach jede Palme. Und das, obwohl sie ihre kleine Heimat leicht ganz überblicken konnten.

Wir sind eine Insel
Foto: korneloni / pixelio.de
Die Osterinsulaner sahen, wie sie nach und nach ihre Insel abholzten, wie aus einem grünen Paradies eine kahle Einöde wurde. Sie müssen doch erkannt haben, dass sie ihre eigene Lebensgrundlage mutwillig zerstörten. Ohne Holz konnten sie keine Schiffe bauen. Ohne Schiffe konnten sie keine Fischerei betreiben. Ohne Schiffe konnten sie nicht mehr von ihrer sterbenden Insel fliehen. Und doch zerstörten die Osterinsulaner ihre Lebensgrundlage.

Auch wir sind eine Insel. Wir sind alle eine Insel. Unsere Insel heißt ... Planet Erde. Und auch wir holzen tagtäglich unsere Wälder ab, zerstören die Lungen unserer Welt ... und das, obwohl wir heute unseren gesamten Planeten überschauen können, so wie einst die Osterinsulaner ihre kleine Heimat im Pazifik. Wenn wir das Verhalten der Osterinsulaner »primitiv« nennen ... sind wir dann nicht noch primitiver?

Das aufrüttelnde Buch von Walter-Jörg Langbein: »2012 - Endzeit und Neuanfang«

Anlässlich der 100. Folge: Das große Interview mit Walter-Jörg Langbein

»Lelu und die Ruinen der Zyklopenbauten«
Teil 101 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 25.12.2011

Donnerstag, 15. Dezember 2011

Anlässlich der 100. Folge seiner Blogserie: Ein Interview mit Walter-Jörg Langbein

Walter-Jörg Langbein
Lieber Walter, zuerst einmal herzlichen Glückwunsch schon heute zum Erscheinen des 100. Beitrags Deiner Blogserie »Monstermauern, Mumien und Mysterien« am kommenden Sonntag hier auf dem Blog »Ein Buch lesen!«. Seit dem 17. Januar 2010 wächst Deine Serie allwöchentlich weiter, und das in ununterbrochener Folge. Ich verrate wohl nicht zu viel, wenn ich sage, dass Du Deiner Zeit weit voraus bist: Alle Beiträge bis Folge 148 warten bereits fix und fertig im Archiv auf ihre Stunde. Woher nimmst Du die Motivation zu solch unbeirrbarem Schaffen?

WJL: Danke recht herzlich für die Glückwünsche. Ich bin ein sehr wissbegieriger Mensch ... und Bücher sind meine Leidenschaft. Die großen Rätsel der Welt haben mich schon als Kind fasziniert. So ist es ein wirklicher Glücksfall für mich, dass ich meine Kindheitsträume verwirklichen konnte ... Seit mehr als drei Jahrzehnten bereise ich die Welt und schreibe darüber Bücher. Ich musste vor einiger Zeit feststellen, dass es mir wohl nicht gelingen wird, das opulente Fotomaterial, das ich auf meinen Reisen zusammengetragen habe, in Büchern zu veröffentlichen. Das Material ist einfach zu umfangreich. So kam es dann zu meiner Serie. Ich bin glücklich, intensiver über meine Reiseerlebnisse berichten zu können, die zum Teil nicht ungefährlich waren. Und ich freue mich riesig, in der Serie weitaus mehr Fotos publik machen zu können ... als mir das in Buchform je möglich wäre.

Walter-Jörg Langbein
auf der Osterinsel
Die Fotos sind wirklich jeden Sonntag ein Augenschmaus. Allerdings stelle ich es mir hart vor, eine Kameraausrüstung durch den Dschungel oder auf einen Berg zu schleppen, zumal die Kameras in Deinen Anfangsjahren ja noch schwerer und unhandlicher waren. War das nicht manchmal sehr hart?

WJL: Liebe Ursula, danke für das Kompliment ... Es war manchmal extrem. In Chile habe ich zum Beispiel die »Laguna Leija« fotografiert ... in rund 4300 Metern Höhe! Da wurde jeder Schritt zur Qual! Extrem anstrengend war es auch in der Sangay-Region von Ecuador. Da suchte ich im wuchernden Urwald nach verschollenen Pyramiden. Wir gingen, wenn man überhaupt von gehen sprechen kann, »querfeldein«. Ich war völlig verdreckt, verschwitzt, erschöpft ... und hatte einen Rucksack voller Kamerautensilien dabei ... zwei analoge Spiegelreflexkameras mit entsprechenden Wechselobjektiven, eine Kleinbildkamera, jede Menge Dia- und Negativfilme. Es war manchmal zum Verzweifeln ... wenn die Kameras gestreikt haben. In der Südsee erlebte ich Tage mit extremer Luftfeuchtigkeit, auf den Neuen Hebriden setzten manchmal sämtliche Kameras aus. Auf der Osterinsel hingegegn ist Fotografieren ein wahrer Genuss ... Riesenstatuen vor blauem Himmel …

Dass Du die Leser Deiner Blogserie an der Ausbeute Deiner Strapazen teilhaben lässt, ist umso dankenswerter, angesichts solch extremer Bedingungen. Gab es auf Deinen Reisen auch lebensgefährliche Situationen? Welchen Moment würdest Du als den heikelsten all Deiner Expeditionen ansehen?

Kein Dschungel ist zu dicht
für Walter-Jörg Langbein,
wenn es gilt, Spuren vergangener
Zivilisationen zu entdecken.
WJL: Da gab es einige heikle Momente ... bei den Ruinen von Machu Picchu bin ich mal über ein Absperrungsgitter geklettert, um eine alte »Inkabrücke« zu erkunden. Die Brücke war damals eingestürzt, ich wagte mich so nah wie möglich heran ... und bin ausgerutscht. Meine Kamera hab ich verloren, sie zerschellte weit unter mir. Das war knapp. Ich saß an einem Felsvorsprung, mir zitterten die Knie, der Puls raste ... Gefährlich waren manchmal auch harmlose Vergnügungen. Beim Baden vor Malta kam ich in ein gefährliche Situation ... unberechenbare Strömungen ... Aber lassen wir das ... die positiven Erlebnisse überwiegen!

Was waren die positivsten Eindrücke auf all Deinen Reisen?

WJL: Wenn ich auf mehr als dreißig Jahre Reisen zurückblicke ... dann hat sich mir von Ägypten bis Vanuatu die Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen eingeprägt. Gerade in fernen, nach unseren Maßstäben oft armen Gefilden begegneten mir immer wieder hilfsbereite, liebenswürdige und liebenswerte Menschen. Ein Beispiel ... in Santiago war ich gegen Mitternacht mit einem öffentlichen Bus unterwegs. Der Busfahrer erkundigte sich nach meinem Ziel. Er legte einen zusätzlichen Halt ein, brachte mich zu meiner Pension. Er wartete, bis ich meinen Zimmerschlüssel hatte. Erst dann verabschiedete er sich ... und fuhr weiter. Als ich ihm ein Trinkgeld zustecken wollte, reagierte er gekränkt. Er hat mich als Gast in seinem Land gesehen, dem er aus Herzlichkeit geholfen hat. Einen dankbaren Händedruck nahm er freudestrahlend entgegen. Ob jeder ausländische Besucher bei uns so warmherzig behandelt wird wie ich in der Fremde ... da habe ich meine Zweifel!

Oft berichtest Du in Deiner Serie von Hindernissen bei der Erkundung »verbotener« Archäologie: Wächter, die Dich nicht weitergehen ließen oder Mitarbeiter von Archäologen ließen durchblicken, dass nur eine bestimmte Sichtweise geduldet werde, wenn sie ihren Job behalten möchten. Gibt es Deiner Meinung nach eine Art weltweit gültiges, stilles Übereinkommen, welches Wissen für die Öffentlichkeit geeignet ist und was besser verschwiegen werden sollte? Und wenn ja: Wo vermutest Du den Ursprung dieser Art von voreingenommener Archäologie?

WJL: Wächter sind durchaus auch sinnvoll, wenn sie altes Kulturgut vor Vandalismus schützen. Man glaubt gar nicht, wie viele Touristen sich »Souvenirs« besorgen wollen. Da wird mit Taschenmessern an Osterinselkolossen herumgewerkelt ... und weltweit müssen sich Besucher mit geschmierten oder eingeritzten Namen verewigen ... Es gibt aber auch Wächter, die sich einen Obulus verdienen wollen, wenn sie Besucher in eigentlich gesperrte Bezirke lassen. Was mit der offiziellen Lehrmeinung nicht übereinstimmt, wird gern gesperrt. Die voreingenommene Archäologie funktioniert so: Ein Professor vertritt die schulwissenschaftliche Lehrmeinung. Er will einen Studenten zu seinem Assistenten ernennen. Wen wird er auswählen? Natürlich den Studenten, der seine Meinung teilt. Um in der Archäologie voranzukommen, bestätigt man die alte Lehrmeinung. Neue Ideen haben es da schwer. Sie werden häufig von Laien vertreten, die keine Rücksicht auf Karriere nehmen. Die kämpfen zunächst wie gegen Windmühlen. Und dann kann es geschehen, dass irgendwann die ketzerischste These übernommen wird. Plötzlich waren dann alle immer dieser Ansicht …

2012 - Endzeit 
und Neuanfang
von
Walter-Jörg Langbein
Im Zentrum Deines aktuellen Buches »2012 - Endzeit und Neuanfang« steht eine angebliche Prophezeiung der Maya, dass die Welt am 21.12.2012 untergehen werde. Denkst Du, Du wirst Deine Blogserie über den 21.12.2012 hinaus fortführen können? :-)

WJL: Natürlich warte ich erst ab. Sollte die Welt wirklich am 21.12.2012 der Apokalypse anheim fallen, schreibe ich nicht weiter. Falls auch dieser »Katastrophentermin«, wie viele zuvor, verstreicht ... geht es natürlich weiter. Aber ernsthaft: Es gibt keine einzige »Mayaprophezeiung«, die für diesen ominösen Termin das Weltenende vorhersagt!

Was es genau mit der angeblichen Mayaprophezeiung auf sich hat, das erklärst Du sehr schön plastisch in Deinem Buch »2012«. Ich wünsche dem Buch eine weite Verbreitung, da Wissen bekanntlich immer noch das beste Mittel gegen Angst darstellt. In diesem Sinne ist das Buch ein schönes Weihnachtsgeschenk für alle, die unter Katastrophenfantasien leiden: Nach der Lektüre von »2012-Endzeit und Neuanfang« können sie entspannt ins neue Jahr gehen. Lieber Walter, ich wünsche Dir weiterhin gutes Gelingen für Deine Blogserie und alle weiteren Projekte, auch über den 21.12.2012 hinaus ...

(Das Gespräch mit Walter-Jörg Langbein führte Ursula Prem)

Hier können die bisherigen Folgen der Serie nachgelesen werden >>>


»Wir sind eine Insel!«
Teil 100 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 18.12.2011

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Sonntag, 11. Dezember 2011

99 »Engel aus dem All?«

Teil 99 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein



Die Universität, Gesamtansicht Foto W-J.Langbein
Ich lasse mich auf der höchsten Treppenstufe des Tempels der Inschriften nieder ... und blicke zur Universität der Kachinas. Sie liegt von mir aus gesehen rechts. Die Spanier nannten das verschachtelte Bauwerk »Palacio«, also »Palast«. Der Begriff ist willkürlich gewählt und ... falsch. Ein Palast war der Gebäudekomplex nur in der Fantasie der ahnungslosen Spanier. Gut ein Dutzend von Gebäuden unterschiedlicher Größe ist rund um einen stolzen Turm angeordnet. Er erinnert ein wenig an den Glockenturm einer Kirche, was er natürlich niemals war.

Die einzelnen Gebäude gehen ineinander über, sind teilweise durch Gänge miteinander verbunden. Zum Teil sind unterirdische Gemächer erhalten. Alle Räume bieten Schutz vor der gnadenlosen Hitze. So manches Mal habe ich diese mysteriöse Welt erkundet. Und jedes Mal habe ich die angenehme Atmosphäre genossen, die fast wohl temperierten Gemächer aus Stein. Ob den Studierenden zu Zeiten der Mayas in ihrer Universität deshalb das Lernen leichter fiel?

Da und dort sind Mauern eingestürzt und notdürftig wieder restauriert worden. Da und dort hat man Steinhaufen aufgetürmt, die irgendwann einmal bei Restaurierungsarbeiten eingesetzt werden sollen. Die finanziellen Mittel sind aber knapp bemessen. Und das, obwohl Palenque die touristische Perle Mexikos sein dürfte!

Insgesamt befindet sich die einstige Universität von Palenque – oder Palátquapi, wie die Stadt bei den Hopi hieß – in einem erstaunlich guten Zustand. Welchem Zweck die einzelnen Räume dienten ... wir wissen es nicht. Und die von den Spaniern willkürlich gewählten Titulierungen sind reine Fantasiegebilde ohne Belang.

Im Inneren der Universität
Foto: W-J.Langbein
Alle Gebäude des großen Komplexes stehen auf einer künstlich angelegten Plattform, die immerhin etwa 100 mal 80 Meter misst. Der Sockel ist etwa zehn Meter hoch! Überragt werden die Bauten von einem vierstöckigen Turm von selten schöner Eleganz. Er ist in der Welt der Mayas ein Unikat. Meines Wissens nach gibt es keinen zweiten! In diesem Turm wurden, so überliefern es die Hopi, mehrere Kurse gleichzeitig unterrichtet.

Wie die Kachinas aussahen ... wir wissen es! Seit Jahrhunderten fertigen die Hopi kleine Püppchen an, die die unterschiedlichen Kachinas zeigen. Von Generation zu Generation wird weitergereicht, wie diese Püppchen anzufertigen sind. Es handelt sich dabei nicht um Spielzeug, sondern um Lehrmaterial. Auf keinen Fall darf vergessen werden, wie die Kachina-Lehrmeister ausgesehen haben. Haben diese mysteriösen Wesen doch versprochen, dereinst wieder zu kommen. Und damit sie dann auch erkannt werden, werden seit Jahrhunderten ihre Ebenbilder in Püppchenform angefertigt.

So soll erreicht werden, dass auch künftige Generation sofort wissen, mit wem sie es zu tun haben ... wenn dereinst einmal Kachinas wieder auftauchen. Mir scheint: So ein Besuch ist dringend erforderlich, wenn ich mir vergegenwärtige, wie es in unseren Tagen auf Planet Erde zugeht! Die Hopi-Überlieferung weiß über den Unterricht in Palenque (1):

»Im zweiten Stock wurden die Schüler über den Plan des Lebens belehrt. Sie erfuhren alles über die Natur, die uns umgibt ... Sie lernten auch die chemischen Stoffe kennen, auf denen unser Leben beruht. Der Körper ist aus den Elementen zusammengesetzt, die aus der Erde stammen. Wenn wir den Gesetzen nicht gehorchen und die Erde misshandeln, müssen wir deshalb nicht nur seelisch, sondern auch körperlich leiden.«

Auf einer meiner Reisen durch Nordamerika erwarb ich in Arizona zwei kleine Kachina-Püppchen. Ich fertigte eine Collage an ... und setzte diese beiden Lehrmeister in ein Bild der Universität von Palenque. Ich habe es von der oberen Plattform des Tempels der Inschriften aufgenommen. Wir blicken auf den »Universitäts-Komplex«. Das Gemäuer rechts im Bild gehört zum Tempel der Inschriften.

Wer ... oder was ... mögen diese Kachinas gewesen sein, die die Hopis und Mayas besuchten? Ein wirklich passendes Wort gibt es nicht. Am ehesten trifft die Bezeichnung »Engel« zu. Die Kachinas waren physische Wesen, keine Geister. Sie waren aber auch keine Götter. Nach Überlieferung der Hopi-Indianer gibt es bei den Kachinas eine klare Hierarchie (2): »Die Gottheiten stehen über den Kachinas, und über allen steht der Schöpfer. Nur die Kachinas stehen in Verbindung mit menschlichen Wesen, aber nicht die Gottheiten. Sie geben den Kachinas ihre Anweisungen.«

Offensichtlich erhielten die Kachinas Befehle von den Gottheiten. Die Gottheiten hielten sich im Himmel auf. Die Kachinas – und nur sie – pendelten zwischen den himmlischen und den irdischen Welten ... ganz so wie die Engel der Bibel!

Wer oder was waren aber diese Pendler zwischen Himmel und Erde? Sollten es gar ... Astronauten gewesen sein? Tatsächlich ähneln viele Kachinas Wesen aus dem All in plumpen Raumanzügen. In der Hopi-Tradition gibt es eine Zeremonie, in der an »die Alten, die vom Himmel kamen« erinnert wird. (3) Unter »Himmel« kann man sich natürlich ein überirdisches Elysium vorstellen, das von holden, lieblich singenden Engeln bevölkert wird. Andere mögen pausbäckige Posaune blasende Engel als himmlische Heerscharen bevorzugen. Biblische Belege für solche Vorstellungen von Engeln gibt es aber keine.

Zwei Kachinas vor der Universität
Fotos W-J.Langbein
Über die Kachinas der Hopi aber heißt es ausdrücklich (4): »Die Kachinas … kommen zu uns aus dem Weltraum. Sie kommen nicht aus unserem eigenen Planetensystem, sondern von anderen, weit entfernten Planeten. Unsere Astronauten würden Generationen, um dorthin zu gelangen. Der Hopi-Name für diese Planeten ist Tóonáotakha; das bedeutet, dass sie eng zusammengehören, nicht im körperlichen, sondern im geistigen Sinne ... Deshalb können wir, glaube ich, das Wort mit ›Bund der Planeten‹ übersetzen. Und da wir wissen, dass es zwölf dieser Planeten gibt, können wir sie auch ›Bund der zwölf Planeten‹ nennen.«

Und weiter lesen wir: »Die Kachinas können sich sehr schnell fortbewegen. Während ich diesen Satz spreche, legen sie weite Strecken zurück, sie brauchen nur Sekunden.« Tatsächlich: Die Kachina-Puppen sehen Astronauten im Schutzanzug sehr ähnlich. Irgendwann verschwanden die himmlischen Lehrmeister wieder in den Tiefen des Alls, nicht ohne ihre Rückkehr auf unseren Planeten zu versprechen. Die Kachina-Puppen sollten die Nachkommen der Hopi-Indianer auf diese Wiederkehr der Wesen aus dem All vorbereiten. Mag sein, dass die heutigen Hopi die Landung von Außerirdischen auf Planet Erde mit Gleichmut hinnehmen. Schließlich hatten ihre Vorfahren ja schon vor Ewigkeiten kosmischen Besuch.

Aber wie werden beispielsweise wir Europäer, Amerikaner, Russen, Chinesen, Afrikaner... auf so ein Ereignis reagieren? Mit Entsetzen ob einer möglichen Bedrohung aus dem All? Mit dem Versucht, die Fremden militärisch zu unterwerfen? Mit opportunistischer Anbiederung?

Fußnoten
1 Blumrich, Josef: »Kasskara und die sieben Welten«, Wien und Düsseldorf 1979, S. 48
2 ebenda, S. 28
3 ebenda, S. 44
4 ebenda, S. 27
5 ebenda, S. 27


Literaturempfehlung
Blumrich, Josef: »Kasskara und die sieben Welten«, Wien und Düsseldorf 1979

»Wir sind eine Insel!«
Teil 100 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 18.12.2011

Sonntag, 4. Dezember 2011

98 »Engel bei den Mayas?«

Teil 98 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein

Abstieg in die Unterwelt
Foto W-J.Langbein
Vom »Hotel Mision Palenque« sind es nur wenige Schritte zum »archäologischen Park«. Es ist ein Hotel der Spitzenklasse und bietet Luxus pur ... vor allem aber die Möglichkeit, sehr früh morgens oder noch abends die Urwaldruinen von Palenque zu erleben.

Weil in den Nachrichten von »terroristischer Gefahr« gewarnt wurde ... sind Touristen ausgeblieben. Gerüchte kursieren, dass Gewalttäter aus Peru nach Mexiko geflogen seien. Die kurzfristig aufwabernden Gerüchte würden sich rasch als natürlich vollkommen frei erfunden erweisen ... Aber zunächst profitiere ich davon. Denn ich bin am frühen Abend ganz allein, als ich über die verwinkelte und glitschige Treppe in die »Unterwelt« von Palenque klettere. Die schmalen Stufen im Tempel der Inschriften sind ebenso triefend nass wie die Wände, von denen Wasser fließt.
Der Weg in die Tiefe ist weit anstrengender als die Klettertour in die Unterwelt von Dendera. Aber Dendera und der Tempel der Inschriften ähneln sich strukturell! In Dendera bergen unterirdische Räume Abbildungen mysteriöser »Wunderlampen«, in Palenque fasziniert uns Besucher aus aller Welt ein Sarkophagdeckel mit einem »Astronauten«.

Das mysteriöse Relief von
Palenque - Foto: W-J.Langbein
Heute aber bin ich allein. So kann ich mir Zeit nehmen, um das geheimnisvolle Relief zu bestaunen. Sonst quälen sich – so der Tempel der Inschriften überhaupt noch geöffnet ist – tagtäglich Tausende ungeduldiger Touristen wie eine vielleibige Schlange die schmale Treppe hinab, während sich ein gleich starker Strom von Menschen schwitzend und vor Anstrengung keuchend wieder nach oben kämpft. Jeder möchte so lang wie möglich in der Gruft verharren, aber niemand gönnt seinem Vordermann auch nur einen noch so kurzen Augenblick der Ruhe. Kaum steht man selbst vor der Tür in die eigentliche Gruft, schon wird man wieder von hinten angestoßen, zur Rückkehr nach oben gedrängt. Und die Drängler, die einen eben vorwärts schoben ... werden kurz darauf selbst zur Eile genötigt.

Ich bin davon überzeugt, dass der Abstieg in die unterirdische Kammer von Palenque bald nur noch wenigen auserwählten Besuchern gestattet sein wird. Die Treppe ist auch nicht für Massenansturm gebaut. Die gewaltigen Schweißmengen der Besucherheere fügen dem uralten Gemäuer erheblichen Schaden zu. Eine technisch perfekte 3D-Filmdokumentation kann den Besuch in der Unterwelt von Palenque ersetzen und das uralte Gemäuer vor dem Verfall bewahren. Und so gern ich so manches Mal diesen Weg unter die Pyramide gemeistert habe, so unterstütze ich auch den Schutz der altehrwürdigen Anlage vor dem Massentourismus.

Keinem christlichen Gotteshaus würde man eine so massive Belastung durch so viele Menschen zumuten. In keinem christlichen Dom dürften so viele Menschen in eine uralte Krypta tief in der Erde hinabsteigen wie in Palenque.

Innenhof der Universität
Foto: W-J.Langbein
Wer sich mit der Welt der Mayas beschäftigt, kann nur staunen. Die Mayas verfügten über einen Kalender, der genauer war als der unsere. Sie rechneten mit wahrlich gigantischen Zeiteinheiten ... vom Tag bis zu Jahrmilliarden! Die Mayas waren kein »primitives« Urwaldvolk, sondern Zahlenakrobaten und Meister der Astronomie! Ihr Kalender basiert auf ins Unendliche wachsenden Einheiten (1):

1 »Kin« = 1 Tag
1 »Uinal« = 20 »Kin« = 20 Tage
1 »Tun« = 18 »Uinal« = 360 Tage
1 »Katun« = vierst20 »Tun« = 7200 Tage
1 »Baktun« = 20 »Katun« = 144.000 Tage (oder 394,5 Jahre)
1 »Pictun« = 20 »Baktun« = 2.880.000 Tage (oder 7.885,2 Jahre)
1 »Calabtun« = 20 »Pictun« = 57.600.000 Tage (oder 157.704 Jahre)
1 »Kinchiltun« = 20 »Calabtun« = 1.152.000.000 Tage
(oder 3.154.072 Jahre)
1 »Alautun« = 20 »Kinchiltun« = 23.040.000.000 Tage
(oder 63.081.431.Jahre)
1 »Hablatun« = 20 »Alautun« = 460.000.000.000 Tage
(oder 1.261.628.620 Jahre)

Nach alten Überlieferungen der Hopi-Indianer Arizonas, hatten Hopi wie Mayas himmlische Lehrmeister. Diese Wissenden pendelten einst zwischen Himmel und Erde, so wie die Engel der verbotenen biblischen Apokryphen (zum Beispiel: Buch Henoch). Sie unterrichteten die Menschen in den himmlischen Lehrfächern. Eine Universität der Lehrmeister gab es, so berichten es Hopi-Überlieferungen, in Palenque, Mexiko.

Blick auf die Universität
Foto: W-J.Langbein
Die Hopi nannten diese Lehrmeister Kachinas. Das Wissen, das sie in Palenque vermittelten, war sehr komplex. Im untersten Stock wurde die Geschichte des eigenen Volkes gelehrt, im ersten Stockwerk standen die unterschiedlichsten Disziplinen der Naturkunde auf dem Lehrplan. Im höchsten Stock ging es um komplizierte mathematische Berechnungen und um den Fachbereich Astronomie. Nur wer sich ein umfangreiches und solides Grundwissen angeeignet hatte, war zum Studium für Fortgeschrittene in dieser höchsten Etage zugelassen. Nur wer wusste, wie sich die Welt der Pflanzen, Tiere und Menschen zusammensetzt, war für das höhere, geheimere Wissen reif. Erst dann durften die eigentlichen Geheimnisse des Lebens studiert werden.

Ob es Prüfungen gab, denen sich die Studenten unterziehen mussten? Wurden sie von den Kachinas kontrolliert? Am Rande mehrerer Kongresse habe ich intensiv mit dem NASA-Ingenieur Josef Blumrich gesprochen, der mit Hilfe des Hopi White Bear Fredericks das Buch »Kasskara und die sieben Welten« schrieb. Wie kein zweiter Wissenschaftler hat sich Josef Blumrich (1913-2002) mit den uralten Überlieferungen der Hopi auseinander gesetzt ... und ihre Geschichte geschrieben. White Bear Fredericks (1905- 1996) war wohl einer der letzten Eingeweihten, die die rätselhafte Geschichte der Hopi kannten. Josef Blumrich zeichnete sie auf. (2)

Von zentraler Bedeutung sind die Kachinas in dieser Geschichte. Wer aber waren diese Kachinas? NASA-Ingenieur Josef Blumrich, dem ich diese Frage wiederholt stellte, antwortete mir: »Wenn Sie alles nur geistig-spirituell sehen wollen, können Sie die Kachinas als ›Engel‹ verklären. Kachinas waren aber reale Wesen, die vom Himmel herab zur Erde kamen und wieder im Himmel entschwanden!« antwortete mir der Wissenschaftler. »Engel oder Astronauten?« bohrte ich nach. Josef Blumrich lachte: »Vielleicht waren es Astronauten, die von Christen gern als Engel gesehen würden?«

So sahen die Kachinas aus
Foto: W-J.Langbein
Aus der Krypta von Palenque kommend ... bin ich die Haupttreppe empor gestiegen: zum Tempel hoch oben auf der Pyramide. Es wird Abend, die Brüllaffen beginnen ihre lautstarken Diskussionen. Friedvolle Stille breitet sich aus, die Hitze des Nachmittags weicht. Ich erinnere mich an eine der zentralen Lehrsätze der Kachina-Theologie (3):

»Der göttliche Schöpfer hat uns gesagt: Wenn ihr meine Kinder sein wollt, dürft ihr euer Wissen nicht benutzen, um zu unterwerfen, zu zerstören, zu töten oder bösen Gebrauch von irgend etwas machen, was ich euch gegeben habe. Wenn ihr dieses Gesetz nicht befolgt, seid ihr nicht meine Kinder.«

Die Geschichte des Abendlands, ja der Welt wäre wohl sehr viel friedlicher verlaufen, wenn sich Christentum und Islam etwas mehr an diese Lebensmaxime gehalten hätten! Die Kachinas sollen über gewaltige Kräfte verfügt haben, dabei aber stets friedlich geblieben sein. Sie missionierten nicht in negativem Sinne, sie lehrten Wissen und Philosophie ... und keine wie auch immer geartete Religion!

Fußnoten
1 Siehe hierzu auch Langbein, Walter-Jörg: »2012/ Endzeit und Neuanfang/ Die Botschaft der Mayas«, München 2009
2 Blumrich, Josef: »Kasskara und die sieben Welten«, Wien und Düsseldorf 1979
3 Blumrich, Josef: »Kasskara und die sieben Welten«, Wien und Düsseldorf 1979, S.22

»Engel aus dem All?«,
Teil 99 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 11.12.2011

Sonntag, 27. November 2011

97 »Muttergöttin und Sonnengott«

Teil 97 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Hoch über den geheimen Kellern von Dendera gibt es ein sakrales Gebäude. Es diente einer Göttin als Liebesnest. Hier paarten sich die Muttergöttin und der Sonnengott. Pikantes »Sakrileg«: in der Mysterienwelt des Tarot wurde aus dem Stellvertreter des Sonnengottes ... der Papst. Was für Christen unzüchtiger Sakral-Sex war ... sollte das Rad des Lebens immer wieder weiter und weiter bewegen.

Im Westen des »Opfersaals« steige ich eine steinerne Treppe empor. An den Wänden sehe ich eine Vielzahl jahrtausendealter Gravuren. Dargestellt sind der König und Priester. Sie vollführen einen Ritus aus uralten Zeiten. Sie haben sich zu einer Prozession formiert und begleiten nun die Göttin nach oben, auf das Tempeldach. Mit feierlichem Ernst wurden Statuen der Göttin Hathor in einen »Kiosk« auf dem Dach getragen.

Diese in der Archäologie gebräuchliche Bezeichnung ist leicht missverständlich. Gemeint ist kein »Kiosk« im heutigen säkularisierten Sinn, sondern ein sakrales Gebäude. Gelegentlich wird von »Kapelle« gesprochen, was wiederum falsch verstanden werden kann. Auf dem Tempel der Göttin Hathor stand ein weiterer, kleiner Tempel.

Turm zu Babel
Der Tempel auf dem Tempel taucht entstellt im »Alten Testament« auf: Im biblischen Babylon lesen wir nur von einem riesigen Turm. Pieter Bruegel der Ältere malte 1563 das vielleicht berühmteste Bild dieses ersten Wolkenkratzers. Bruegels Gemälde zierte das Cover der tschechischen Ausgabe meines Buches »Die großen Rätsel der letzten 2500 Jahre«. Bruegel machte das gigantische Bauwerk noch imposanter als es in Wirklichkeit war. Und den Tempel oben auf der Spitze des Turms ließ er weg. Bei ihm befindet sich das monumentale Denkmal noch im Bau, das oberste Stockwerk ist noch nicht abgeschlossen.

Die Bibelstory im Telegrammstil: Dem biblischen Gott Jahwe war dieses Bauwerk ein Gräuel. Er zerstörte es. Wir wissen heute, dass es nicht nur einen »Turm zu Babel« gegeben hat, sondern viele. Die Menschen, so das »Alte Testament«, bauen einen Turm bis an den Himmel.

Gott ärgert sich, die Menschen werden ihm zu mächtig (2): »Siehe, es ist einerlei Sprache unter ihnen allen, und dies ist der Anfang ihres Tuns. Nun wird ihnen nichts mehr verwehrt werden können.« Das aber duldet Gott nicht. Er fährt vom Himmel herab und zerstört den Turm. Gott bringt Uneinigkeit in die Menschheit. Haben sich zuvor alle Menschen in einer Sprache verständigt, so verstehen sie sich nun nicht mehr. Die Bibel legt eine falsche Fährte (3): »Daher heißt ihr Name Babel, weil der Herr daselbst verwirrt hat aller Länder Sprache und sie von dort zerstreut hat in alle Länder.«

Babel-Komplex in der Rekonstruktion
Der biblische Text behauptet, dass der Name der Stadt »Babel« auf das hebräische Wort »balal« - zu Deutsch »verwirren« zurückgeht. Diese Erklärung ist falsch. Warum sollte man in Babylon eine Stadt nach einem hebräischen Wort benennen? Tatsächlich muss man »Babel« auf das Babylonisch-Sumerische »bab-ili« zurückführen, auf das »Tor der Götter«. (Möglich ist, dass die hebräischen Elohim-Götter von den babylonischen »ili« abgeleitet werden können!)

Rund zwei Jahrtausende vor Christus gab es in Babylon mehrstufige Zikkurat-Türme. Mag sein, dass diese imposanten Bauwerke heilige Berge darstellen sollten. Wie dem auch sei: Nach babylonischer Überlieferung stieg Marduk vom Himmel herab und ließ sich auf dem sakralen Turm nieder. In einem Tempel auf dem Turm wurde die Heilige Hochzeit vollzogen: zwischen Gott und Göttin.

Kurios aus heutiger Sicht ist, dass Ištar – die Himmelsgöttin – als Vertreterin Marduks angesehen wurde. Eine weibliche Gottheit sprang also für einen männlichen Gott ein. Ištar zelebrierte im Tempel auf dem Turm das Ritual der »Heiligen Hochzeit« mit dem König. Die Himmelsgöttin Ištar fand in Ägypten ein Pendant: die Hathor. Und Hathor verschmilzt nach und nach mit Isis.

Göttin Hathor von Dendera
Foto: W-J.Langbein
Kurz und bündig fasst das Lexikon »Das geheime Wissen der Frauen« (4) zusammen: »›Heilige Hochzeit‹, griechisch Hieros Gamos, Vereinigung eines Königs oder Heiligen Königs (ein Stellvertreter für den wirklichen König) mit einer Göttin, die meistens von einer Priesterin-Königin verkörpert wurde. Allein durch den Hieros Gamos wurde dem König das Herrschaftsrecht verliehen.«

Die griechische Mythologie verdeutlicht, worum es in der »Heiligen Hochzeit« ging: Kore, die Tochter der Demeter – Göttin des Lebens und der Fruchtbarkeit – wurde von Unterweltgott Hades ins Totenreich entführt. Verzweifelt suchte Demeter ihr Kind ... kümmerte sich nicht mehr um ihre Aufgaben, und die Natur erstarb. Es wurde Winter und die Menschen hungerten. Hades »vergiftete« Kore mit einem Granatapfel. Sie starb zwar nicht, konnte aber nicht mehr nur im Land der Lebenden verweilen. Ein Drittel des Jahres musste sie ins Totenreich kommen, dann erstarb die Natur auf Erden. Sobald Kore wieder auf die Erde zurückkehrte, erblühte das Leben wieder.

Die »elysischen Mysterien« waren ein Geheimkult, über dessen Ablauf wie auch heute nur wenig wissen. Im Zentrum der geheimen Feiern stand die »Heilige Hochzeit«. Dabei kam es offenbar zur rituell-sexuellen Vereinigung zwischen der Priesterin (der Stellvertreterin für die Göttin) und dem elysischen Hohepriester, der den Part des Gottes übernahm. Der Hohepriester trug den Titel »Hierophant«, »Ebenbild des Heiligen«. Pikantes Detail: im Tarot wurde aus dem Sexpartner der Göttin ... der Papst!

Ruinen vom Dendera-Komplex
Foto W-J.Langbein
Zurück zu Dendera, zurück zum Hathor-Tempel ... in dessen geheimen Kellern die mysteriösen »Leuchtbirnen«-Darstellungen noch heute Rätsel aufgeben! Bei brütender Hitze kletterte ich in die unterirdischen Korridore zu den mysteriösen Wandbildern. Bei brütender Hitze bestieg ich die Treppe auf das Dach des Tempels, zum Tempel auf dem Tempel. Hier paarten sich Göttin Hathor und der Sonnengott. Das Ritual – bei dem eine Hathor-Statue von Sonnenstrahlen symbolisch befruchtet wurde – diente dem Erhalt des Lebens: auf die »tote« Trockenzeit folgten Nilüberschwemmung und Wiedergeburt des Lebens ... in Gestalt von Pflanze, Tier und Mensch!

Ich erinnere mich genau ... Ich steige die Treppe empor zum Tempel der »Heiligen Hochzeit«. Ich stelle mir vor, wie einst eine Statue der Hathor auf eben dieser Treppe in feierlicher Prozession auf das Dach des Tempels gebracht wurde. In der Hitze des Tages fällt mir die Treppensteigerei schon schwer. Wie mag der Transport einer womöglich aus purem Gold gefertigten Hathor in würdevoller Weise absolviert worden sein?

In einer so lebensfeindlichen Umgebung wie der Wüste galt es, das Leben auf rituell-magische Weise fortbestehen zu lassen ... in der Hölle der Wüste, in der alles Leben so leicht hätte erlöschen können. Die Angst vor dem Tod alles Lebendigen muss sehr groß gewesen sein ... Es ist die Göttin, die in der Überwindung dieser Angst die zentrale Rolle spielt.

Osiris von Dendera
Foto Archiv W-J.Langbein
Für Anhänger der Buchreligionen Judentum, Christentum und Islam mag dies befremdlich sein. Wird der Kosmos dieser Religionen doch von einem männlich-martialischen Gott bestimmt. In den älteren, ja ältesten Religionen indes ... scheint die Göttin des Himmel regiert zu haben! Ich bin davon überzeugt, dass einst das Matriarchat bestimmend war, lange vor dem Patriarchat von Judentum, Christentum und Islam!
Das Thema »Sterben und Wiedergeburt« taucht immer wieder in der Mythologie Ägyptens auf. So wird Gott Osiris von seinem Bruder Seth ermordet und zerstückelt. Göttin Isis, eine jüngere Variante der Hathor, erweckt Osiris wieder zum Leben. Osiris ist – auch – ein Gott der Fruchtbarkeit. Wenn Isis alias Hathor den toten Osiris wieder lebendig macht, dann lässt sich das so übersetzen: die Göttin erweckt die tote Natur zu neuem Leben.

Zum Abschluss ein subjektiver Eindruck: In Zentralamerika, im mexikanischen Palenque, erkundigte ich den mysteriösen »Tempel der Inschriften«: ich stieg in die unterirdische Krypta ... in die »Unterwelt« hinab. Und ich erklommt die steile Treppe, die mich an die Spitze des Pyramide führte. Und hoch oben auf der Pyramide ... thront ein Tempel!

Seltsam: Palenque entspricht von seinem Aufbau genau der Tempelwelt von Dendera: In Dendera wie in Palenque gibt es eine »Unterwelt« und auch einen Tempel hoch oben!
Ohne Zweifel haben die Vertreter der Wissenschaft in den vergangenen Jahrhunderten eine erfreuliche Fülle an Informationen über unsere Vergangenheit ans Tageslicht gefördert. Was aber bis heute leider sträflich vernachlässigt wird, das sind die Gemeinsamkeiten der unterschiedlichsten Kulturen unseres Globus.

Fußnoten
1 Das Erste Buch Mose Kapitel 11, Verse 1-9
2 Das Erste Buch Mose Kapitel 11, Vers 6
3 Das Erste Buch Mose Kapitel 11, Vers 9
4 Walker, Barbara G.: »Das geheime Wissen der Frauen«, Frankfurt am Main 1993, Seite 400 (Stichwort »Hieros Gamos«)
5 siehe hierzu auch Cavendish, Richard: »The Tarot«, New York 1975

»Engel bei den Mayas«,
Teil 98 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 04.12.2011


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