Sonntag, 27. Mai 2012

123 »Tiahuanaco«

Das Geheimnis der Anden II,
Teil 123 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Der Altiplano
Foto: Maurice Chédel
Astronauten umkreisen in ihrem Raumschiff einen fremden Planeten. Wo sollen sie landen? Aus der Umlaufbahn führen sie Messungen durch ... und finden einen idealen Landeplatz: auf einem hoch gelegenen Plateau. Hier fahren die Astronauten in ihrem Spaceshuttle hernieder ... und beginnen vorsichtig, die nähere Umgebung ihres Landeplatzes zu erkunden. Immer größere Kreise ziehen sie, immer weiter wagen sie es, sich von ihrem sicheren Vehikel zu entfernen. Und plötzlich stehen sie vor seltsamen Monolithen.

Die Astronauten untersuchen die seltsamen Artefakte. Sie sind glatt poliert, weisen aber auch seltsame, exakt gefräste Vertiefungen auf. Wie alt mögen die Steinsäulen sein? Wochen und Monate vergehen, die fremden Besucher aus dem All erlernen die Sprache der Eingeborenen. So erfahren sie, dass die Urheber der seltsamen Steinmonumente unbekannt sind. »Wir nennen die seltsame Stätte auf dem Hochplateau ›Platz der stehenden Steine‹!« erzählen die Einheimischen. Es sind friedliche Menschen, die in primitiven Hütten hausen. Mit vorsintflutlich wirkenden Gerätschaften bestellen sie das karge Land und trotzen ihm spärliche Ernten ab.

Das sollen
Steinzeitmenschen
angefertigt haben ...
Foto W-J.Langbein
So könnte ein Science-Fiction-Film beginnen. Als Kulisse könnte das Hochland von Tiwanaku in den Hochanden Boliviens dienen. Man findet es im nördlichen Südamerika, 4.000 Meter über dem Meeresspiegel, etwa 70 Kilometer westlich von La Paz gelegen. Der Reisende orientiert sich am besten so: Man folge der Hauptstraße von La Paz nach Desaguadero, einem verschlafenen Kleinstädtchen an der Grenze zu Peru.

Die mysteriösen Steinstelen gab und gibt es tatsächlich. Aber wer hat sie so präzise aus dem Fels geschlagen? Wer hat sie auf dem bolivianischen Altiplano aufgestellt? Wer wirkte in 4.000 Metern Höhe über dem Meeresspiegel? Waren es Baumeister der Aymara? Offen gesagt: Die Steinmetzarbeiten wurden meiner Überzeugung nach nicht vom steinzeitlichen Volk der Aymara geleistet. In der Sprache der Aymara heißt der mysteriöse Platz mit den Steinstelen »Kalasasaya«, verkürzt »Kalasaya«), zu Deutsch »Platz der stehenden Steine«. Diese Bezeichnung macht klar, dass die Aymara auf der mysteriösen Stätte kein beeindruckendes Bauwerk, sondern »nur« stehende Steine vorfanden. Die stehenden Steine waren die Überbleibsel eines monumentalen Bauwerks aus uralten Zeiten.

Stehende Steine um 1930
Foto: Archiv W-J. Langbein
Um 1930 waren die mysteriösen »stehenden Steine« noch zu sehen. Professor Hans Schindler-Bellamy (1901-1982), ein österreichischer Archäologe, hat sich intensivst mit dem Geheimnis der Anden auseinandergesetzt ... vor Ort, nicht am bequemen Schreibtisch in der Studierstube. Der Gelehrte stellte mir ein historisches Foto zur Verfügung, aufgenommen um 1930. Damals standen die mysteriösen Steine noch frei. Als Erich von Däniken anno 1966 vor Ort war, hatte sich offenbar seit 1930 nicht viel verändert. Erich von Däniken schreibt in seinem Werk »Götterdämmerung« (1): »Im Sommer 1966 schoss ich in Tiahuanaco einige entlarvende Bilder. Sie zeigen eine Monolithenreihe und einzeln stehende Monolithen ... Alle (Monolithen) zeigen rechtwinklige Aussparungen, die einst als Halterungen für irgendwelche Querblöcke dienten ... Nichts mehr da von Aussparungen, rechten Winkeln ... Die Zwischenräume wurden mit Steinen aufgefüllt.«

»Rekonstruierte« Mauer
Foto: Erich von Däniken
Erich von Däniken belegt fotografisch, wie die »Rekonstruktion« der Anlage von »Kalasasaya« verpfuscht wurde! (2) Studiert man Fotos der »stehenden Steine« (etwa von 1930 und 1966), so erkennt man staunend die unglaubliche Präzision der Steinbearbeitungen. Ein »primitives« Steinzeitvolk kann diese exakten Kanten nicht geschnitten, die präzisen Aussparungen, Vertiefungen und Erhöhungen nicht aus dem harten Stein gearbeitet haben.
Nun will ich der Zunft der südamerikanischen Archäologie keineswegs bewusste Täuschung oder gar absichtliche Verfälschung unterstellen. Die Rekonstrukteure der Mauer von »Kalasasaya« waren der festen Überzeugung, dass einst ein primitives Steinzeitvolk jenes Mauerwerk aufstockte. Also rekonstruierten sie, also produzierten sie ein Endergebnis, das zu einem »primitiven Steinzeitvolk« passt. Und die erstaunlich präzisen Schnitte und polierten Flächen ... verschwanden unter primitivem Mauerwerk. Und so sind jene Merkmale, die für eine fortgeschrittene Steinmetzkunst sprechen ... dank der »Rekonstruktion« verschwunden.

Prof. Hans Schindler-Bellamy versicherte mir im Gespräch: »Es wäre ehrlicher gewesen, die ›stehenden Steine‹ frei zu lassen! Es gab einst Mauerwerk zwischen den Stützsteinen. Aber das wurde nicht aus roh behauenen Steinblöcken gebildet, sondern aus millimetergenau, präzise und glatt geschliffenen Steinen. Diese Steine passten wie Nut und Feder in die Aussparungen.«

Statt aus millimetergenauer Maßarbeit besteht das Mauerwerk zwischen den Monolithen aus wahllos zusammengesetzten Steinen. Mehrere Arbeiter vor Ort versicherten mir: diese Steine wurden zusammengesucht und dann nach Bedarf angepasst. So entstand eine Mauer, wie sie nach Ansicht der Archäologen ausgesehen haben muss.« Da nur »primitive« Steinzeitmenschen als Verantwortliche in frage kommen dürfen ... musste die Mauer auch entsprechend dieser Vorstellung neu gebaut werden.

Verpfuschte Rekonstruktion
Foto: W-J.Langbein
Leider ist archäologische Arbeit nicht immer streng wissenschaftlich: und zwar dann nicht, wenn die Rekonstruktion uralter Bauten nach einem vielleicht falschen Bild von der Vergangenheit erfolgt! Vor Ort kommen dem kritischen Beobachter immer wieder Zweifel auf. In welchem Zustand wurden die Ruinen von Tiahuanaco von den Archäologen vorgefunden? Was wurde ergänzt, rekonstruiert? Was ist heute noch »Original«, was ist »Rekonstruktion«? Und kann man sich auf die Rekonstruktionen wirklich verlassen?
Im konkreten Fall hat man eine exakt zugeschnittene, u-förmige »Wasserrinne« wahllos in die Mauer eingesetzt. Wenn das gute Stück tatsächlich dort in der Mauer gesessen haben sollte ... wäre das Regenwasser von außen direkt »in die gute Stube« geleitet worden!

1930 und 1990, »Original« und
»Rekonstruktion« - Fotos: Archiv
W-J.Langbein (oben),
Foto W-J.Langbein (unten)
Damit kein Irrtum entsteht: Ich behaupte keineswegs, dass einst außerirdische Besucher aus dem All die Mauern von »Kalasasaya« bauten. Meiner Überzeugung nach können es aber keine Steinzeitmenschen gewesen sein, sondern Vertreter einer fortgeschrittenen Zivilisation, die über vorzügliche Werkzeuge aus Metall verfügten. Mit Steinzeitwerkzeugen waren die präzisen Bearbeitungen der »stehenden Steine« nicht zu bewerkstelligen!
Was wissen wir über die »stehenden Steine«? Sie markieren den Verlauf einer Mauer, von der wir nicht wissen, wie sie ausgesehen hat. Die vermutlich exakt bearbeiteten und glatt polierten Zwischenwände wurden im Verlauf der Jahrhunderte abtransportiert und verarbeitet. Wie groß war der Platz, den die mysteriöse Mauer einst umrahmte? Auch das weiß man nicht genau. Im Verlauf der Jahrzehnte habe ich unterschiedliche Größenangaben gelesen. Wikipedia vermeldet 129 mal 118 Meter. Edmund Kiss (3) gibt an 135 mal 118 Meter. Im Internet fand ich wieder andere Zahlen: 126,20 mal 117,50 Meter (4).

Es stellt sich die Frage, ob primitives Mauerwerk zwischen den stehenden Steinen tatsächlich die präzisen Säulen zu einer geschlossenen Wand ergänzte. Oder waren die sauber geschnittenen Steine eher als Hilfsmittel zum Peilen gedacht? Die Gesamtanlage jedenfalls ist präzise nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet ... und wird als Sonnenobservatorium verstanden. Wieder kommen mir Zweifel: Ein Steinzeitvolk, das keine Schrift kannte, soll präzise astronomische Beobachtungen gemacht haben? Für uns ist es heute selbstverständlich, ein Buch zu lesen, wenn wir uns wissenschaftliche Daten vor Augen führen wollen. Wie aber soll ein Steinzeitvolk ohne Schrift astronomische Daten verewigt haben? Wie soll so ein Volk präzise Bauten errichtet haben, die als Observatorien dienten?

Präziseste Steinbearbeitungen der
Erbauer von Tiahuanaco
Foto: Willi Dünnenberger
In Eiseskälte, mit mehreren Pullovern übereinander als Wärmeschutz, erkundigte ich das wahre Tiahuanaco: zum Beispiel einen unterirdischen Tunnel, dessen Wände aus millimetergenau aufeinander abgestimmten Steinen bestanden. Im Vergleich dazu muten vermeintliche »Rekonstruktionen« aus unseren Tagen mehr als stümperhaft an!


Fußnoten
1 Däniken, Erich von: »Götterdämmerung«, Rottenburg 2009, S.77 und 78
2 Ich habe mir erlaubt, Erich von Dänikens vorzügliche Farbaufnahme im Kontrast leicht zu verstärken. So wird noch deutlicher, wie vermurkst die Rekonstruktion ausgefallen ist! Siehe: Däniken, Erich von: Däniken, Erich von: »Götterdämmerung«, Rottenburg 2009, S.80 und S.81!
3 Kiss, Edmund: »Das Sonnenthor von Tihuanaku«, Leipzig 1937, S. 42
4 Leider nicht mehr auffindbar.

»Von Toren aus Stein/ Das Geheimnis der Anden III«,
Teil 124 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 03.06.2012

Freitag, 25. Mai 2012

Analphabetismus in Deutschland - die Freitagskolumne von Ursula Prem

Ursula Prem
7,5 Millionen erwachsene Menschen in Deutschland können nicht richtig lesen und schreiben, lautete das Ergebnis der sogenannte Leo-Studie, die das Land bereits vor einiger Zeit kurzzeitig aus seinem bildungspolitischen Dornröschenschlaf aufweckte. Mitten in Deutschland mit seinem milliardenschweren Bildungssystem leben 7,5 Millionen erwachsene Analphabeten, die zwar einzelne Wörter oder Sätze lesen, nicht aber zusammenhängende Texte verstehen können. Hinzu kommt eine Gruppe von über 13 Millionen Menschen, die aufgrund mangelhafter Rechtschreibkenntnisse das Lesen und Schreiben vermeiden.

Unfassbar dabei ist die Tatsache, dass nicht ausschließlich Migranten mit nichtdeutscher Muttersprache diese Probleme haben: Laut der Studie benennen 58% der Betroffenen Deutsch als ihre Erstsprache! Sogar einen Schulabschluss haben nicht wenige von ihnen vorzuweisen: 48% den Hauptschulabschluss, 19% gar die mittlere Reife.

Grassierender Analphabetismus trotz allgemeiner Schulpflicht?


Vorbeugung durch
Vorlesen:
ABC Walpurgisnacht!
Die Frage, wie es sein kann, dass so viele Menschen trotz allgemeiner Schulpflicht nicht richtig lesen und schreiben können, wird mit der Erklärung beantwortet, viele hätten es eben nach dem Ende der Schulzeit wieder verlernt. Eine Schutzbehauptung, denn: Verlernt man etwa das Schwimmen oder das Fahrradfahren, wenn man es eine Weile wenig praktiziert? Wer Lesen und Schreiben wieder verlernt, der hat es nie richtig gekonnt. Wer Kinder im schulpflichtigen Alter hat, der wird leicht erklären können, wo der Hase im Pfeffer liegt, erlebt er doch das bürokratische Drama, dem die Kinder ausgesetzt sind, tagtäglich hautnah mit. Der Ranzen eines Viertklässlers wiegt heute schon mal gut und gerne zehn Kilo. Vollgestopft ist er vor allem mit einer Flut von fotokopierten Arbeitsblättern, auf denen sich lustige Männchen, vorgedruckte Textfetzen und einige vom Schüler auszufüllende Lücken finden. Zusammenhängende Texte selbst verfassen? – Fehlanzeige.

Die aktuelle Lage macht es für Eltern nahezu unumgänglich, die Dinge in die Hand zu nehmen und ihren Kindern das Lesen und Schreiben selbst beizubringen. Leider ist dies in vielen Familien kaum mehr möglich, da das Problem bereits in der zweiten oder gar dritten Generation besteht: Wurde schon den Eltern das grundlegende Recht auf Bildung vorenthalten, dann haben sie es schwer, ihren Kindern etwas davon zu vermitteln.

7,5 Mio Analphabeten in Deutschland legen das grandiose Versagen der Schulpolitik offen, nichts anderes. Zähes Ringen um die richtige Schulform oder um die Frage, ob ein Mastergrad mehr wert ist als ein Bachelor, ersetzen eben nicht das Wesentliche: die Notwendigkeit, den Kindern zuerst einmal Lesen und Schreiben beizubringen, ehe über die richtigen Karrierestrategien nachgedacht werden kann. 


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Sonntag, 20. Mai 2012

122 »Die Ruinenstadt«

»Das Geheimnis der Anden I«,
Teil 122 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein«


La Paz, Bolivien - Foto: Paul Richter
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts erhoben sich zum letzten Mal die Ureinwohner Nordperus. 40.000 Menschen wollten die Unterdrückung durch die katholischen Spanier nicht mehr hinnehmen. Ein charismatischer Rebell, angeblich ein direkter Nachkomme der Inka-Fürsten, einte ein Heer von Unzufriedenen und Verzweifelten.

Die Aussichten der Aufständischen waren so schlecht nicht. Die Spanier befürchteten wohl schon eine Niederlage ... und besannen sich einer blutigen List. Mit grausamer Gewalt verwüsteten sie jene Provinzen, die die Aufständischen mit Nahrungsmitteln versorgten. So war das Ende des Aufstands abzusehen.

Am 15. November 1781 wurde Julián Apaza, genannt Tupaq Katari, von den Spaniern gevierteilt. Seine Nachfolgerin, seine Witwe Bartolina Sisa, wurde 1782 von den Spaniern gehängt. Das gleiche Schicksal widerfuhr auch Gregoria Apaza, der Schwester von Julián Apaza. Der Tod am Galgen wurden als humanere Form der Hinrichtung angesehen. Und mit Frauen ging der christliche Spanier eben »milder« um.

Blick aufs Fußballstadion vom
Museum aus - Foto: W-J.Langbein
Der Sieg über die indigenen Aufständischen war für die Verlierer, die Nachkommen der einst stolzen Inkas, eine schmachvolle Niederlage. Für die Nachkommen der räuberischen Eroberer war der letzte Aufstand der Einheimischen im Keim erstickt ... und so »Frieden« geschaffen worden. Und so erhielt der heutige Regierungssitz Boliviens den Namen »Nuestra Señora de La Paz« (»Unsere Liebe Frau des Friedens«). Daraus wurde später ... La Paz.

La Paz wächst wie eine wild wuchernde Pflanze. Um den höchst gelegenen Regierungssitz der Welt (3200 bis 4100 Meter über dem Meere) hausen die Ärmsten der Armen in Elendsvierteln ...

Mitten in La Paz gibt es eines der interessantesten Museen unseres Planeten, das »Museo Semisubterraneo Tiwanaku«. Man findet es – allerdings sehr oft geschlossen – im Stadtteil »Miraflores« unweit des (angeblich höchst gelegenen) Fußballstadions »Hernando Siles«.

Das »halbunterirdische Museum Tiwanaku« ist einzigartig. Es besteht weder aus einem altehrwürdigen noch aus einem modernen Gebäude. Es ist ein seltsam anmutender Platz, von einer steinernen Mauer umgeben, fast vollkommen im Boden versenkt. Nach oben ist der mysteriöse Platz mit Blick auf das Stadion »Hernando Siles«.

Ein Koloss im Museum
Foto: W-J.Langbein
Mehrere Male war ich in La Paz. Einmal kam ich wegen einer »Militärparade« nicht zum Museum. Unter lautem Getöse marschierten Heerscharen martialischer Truppen, angeführt von schrecklich anmutender Marschmusik (nach dem Vorbild der berühmten »Blechbüchsenarmee« der Augsburger Puppenkiste?), durch die Straßen. Fremde waren alles andere als willkommen. Touristen, besonders solche mit Fotoapparaten, wurden argwöhnisch beäugt. Nachdem man mich wiederholt gewarnt hatte, dass eine reale Gefahr bestand ... nämlich als vermeintlicher »ausländischer Spion im Dienste Perus« vorübergehend die örtliche Gastfreundschaft einer Haftanstalt genießen zu dürfen, blieb ich lieber im Hotel.

Bei einem zweiten Besuch gelangte ich nur bis auf einige Hundert Meter an das Ziel meiner Wünsche heran: Baugerüste machten ein Weiterkommen unmöglich. Wild drein blickende Sicherheitsmänner sollten das Museum vor eventuellen Sabotageakten »feindlich gesinnter Agitatoren« bewahren. Wieder ließ mich die in Aussicht gestellte Inhaftierung auf eine Annäherung ans Museum verzichten.

Erst mein dritter Versuch war von Erfolg gekrönt ... Ich kam bis an die Umrandung des Museums heran. Dominiert wird es von einem riesigen Koloss aus Stein, der mitten im »Museo Semisubterraneo Tiwanaku« steht ... stoisch drein blickend, roboterhaft eckig, an ein technisches Artefakt erinnernd ... im kuriosen Museum, mitten in der pulsierenden Millionenmetropole La Paz.

Köpfe an der Wand
Foto W-J.Langbein
Von einer Wand starren ähnlich roboterhafte Fratzen ... kantig geformte Schädel, exotisch fremdartig. Diese Mauer mit den bedrohlich wirkenden Köpfen könnte sehr wohl als Kulisse für einen Science-Fiction-Film mit ausgeprägten Horrormomenten dienen. Die Köpfe könnten den Part von Jagdtrophäen übernehmen, die räuberische Predatoren von ihren Raubzügen durch das Universum mit nach Hause gebracht haben.

»Woher kommen diese Kopf-Skulpturen?« frage ich einen mexikanischen Archäologen, der recht gut Deutsch spricht. Er hat in Berlin studiert.

Er deutet in den Himmel: »Hoch oben, wo die höchsten Berge den Himmel berühren, gab es einst eine riesige Stadt. Sie war einst eine Hafenstadt. Aber eine gewaltige Naturkatastrophe zerstörte sie ... vor vielen Jahrtausenden! Aus den Ruinen dieser Stadt stammen die Steinköpfe!« Könnte man diese uralten Kunstwerke doch wie ein Buch lesen!

Der Archäologe wird immer redseliger. Er spricht aufgeregt, aber auch ängstlich. Immer wieder schielt er zu seinen Kollegen. »Schauen Sie sich doch diese seltsamen Gegenstände aus der Ruinenstadt an!« meint er. »Wir versehen sie mit Etiketten, geben den Dingen Namen ... und haben doch oft keine Ahnung, zu welchem Zweck sie einst geschaffen wurden!« Er verweist auf steinerne Objekte, die wie moderne Skulpturen im Freilichtmuseum stehen. »Angeblich waren das Regenrinnen ... « Der Archäologe muss lachen. »Davon haben wir in der Ruinenstadt Hunderte gefunden. Und dabei ist nur ein Prozent der mysteriösen Stätte ausgegraben worden. Wirklich erforscht ist noch weniger!«

Seltsame Skulpturen aus
uralten Zeiten
Foto: W-J.Langbein
Ängstlich blickt der Archäologe um sich. Seine Kollegen sitzen im Schatten einer Plane und essen. »Sie sind doch Deutscher?« fragt mich der Archäologe. Als ich nicke, erzählt er mir eine faszinierende Geschichte. Demnach entdeckte kein Geringerer als Heinrich Schliemann anno 1873 in den Ruinen Trojas bei Hissarlik eine Bronzevase mit der Inschrift »Vom König Chronos von Atlantis«. Und in der Vase fand er Keramikstücke, Metallobjekte und geschnitzte Knochen. 1883 sah Schliemann im Louvre Fundstücke aus den Anden Boliviens.

Dr. Paul Schliemann, Enkel Heinrich Schliemanns, zitierte in seinem Bericht im »New York American« vom 20. Oktober 1912 Heinrich Schliemann so: »Unter ihnen (den Funden aus den Hochanden Boliviens) entdeckte ich Töpfereien von genau dem gleichen Material und denselben Formen und Gegenstände aus versteinerten Knochen, die Linie für Linie denjenigen glichen, die ich in der Bronzevase aus den Schätzen des Priamos (Troja!) gefunden hatte! Diese Ähnlichkeit kann kein Zufall sein! Form und Ausschmückung waren dafür zu einfach. Es liegt außerhalb der Möglichkeiten des Zufalls, dass zwei Künstler in so weit auseinander liegenden Ländern ...«

»Es gab eine Verbindung zwischen den Hochanden Boliviens und Troja?« frage ich ungläubig. Der Archäologe nickt energisch. »Schauen Sie sich doch diese seltsamen Artefakte an, die wir hier ausstellen ... Sie passen nicht zu einem Steinzeitvolk. Und doch behaupten wir, dass es ein Steinzeitvolk war, das diese Gegenstände schuf!« Er wird wütend: »Steinzeitvolk, dass ich nicht lache!« schnaubt er verächtlich.

Seltsame Museumsartefakte
Foto: W-J.Langbein
Ich will nach weiteren Einzelheiten fragen, da wird der Archäologe von seinem Chef, einem grimmig drein blickenden älteren Herrn, herbeizitiert. Abrupt endet unser interessantes Gespräch. Achselzuckend trottet mein Informant zu seinem Vorgesetzten, wird offensichtlich lautstark ausgeschimpft. Inzwischen habe ich die kuriose Geschichte von vorgeschichtlichen Kontakten zwischen Bolivien und Troja nachrecherchiert ... und tatsächlich Bestätigungen gefunden. Dr. Paul Schliemann, Enkel Heinrich Schliemanns, bekundete, dass sein Großvater von dieser »unmöglichen Verbindung« überzeugt war (1). In meinem Buch »2012 - Endzeit und Neuanfang« gehe ich ausführlicher auf meine Recherchen zu diesem spannenden Thema ein.

Noch heute spüre ich die wütenden Blicke der Archäologen. Gestenreich versuchen sie, mich zum Verschwinden zu bewegen. Ich will auch schon gehen ... da fällt mein Blick auf ein kurioses Objekt, das da im Museum zwischen zahlreichen anderen undefinierbaren Gegenständen aufgestellt wurde.

Es ist so etwas wie ein Würfel aus Stein, der auf einem steinernen »Fuß« steht. Auf mich wirkt das archäologische Objekt deplatziert. Mich erinnert das »Ding« an etwas Modernes, Technisches, Computermäßiges. Sollten die Menschen in den Hochanden Perus Kontakt mit fortschrittlicher, moderner Technik gehabt haben ... und das vor vielen Jahrhunderten? Wenn ja ... sollte es vor vielen Jahrhunderten (Jahrtausenden?) Kontakte mit Außerirdischen gegeben haben?

Ein kurioser Würfel ...
wie die Kopie eines
technischen Objekts ...
Foto: W-J.Langbein
Ein Schildchen verrät, dass alle Objekte, die im Freilichtmuseum zu sehen sind, aus der Ruinenstadt Tiahuanaco stammen. Diese Ruinenstadt musste ich besuchen ... also machte ich mich in die Hochanden Boliviens auf ... in 4000 Metern Höhe über dem Meeresspiegel erkundete ich einen der rätselhaftesten Orte unseres Planeten ... Tiahuanaco!

Tiahuanaco liegt auf dem lebensfeindlichen Altiplano Boliviens ... in einer Höhe von 4.000 Metern, etwa 70 Kilometer westlich von La Paz. Im Jahr 2.000 wurden die Ruinen zum »Weltkulturerbe« ernannt. Tiahuanaco ist und bleibt rätselhaft. Seltsam mutet schon der Name an. »Tiahuanaco« soll zu Deutsch »Setz' dich, kleines Lama!« bedeuten.

Auf nach Tiahuanaco!

Fußnote

1 Langbein, Walter-Jörg: »2012: Endzeit und Neuanfang - Die Botschaft der Mayas«, siehe Teil 1, Strafe der Götter, S.30-42!

»Tiahuanaco/ Das Geheimnis der Anden II«,
Teil 123 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 27.05.2012



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Samstag, 19. Mai 2012

Sylvia B.: Das Märchen vom Weseker Ei

Illustration: Sylvia B.
In einem kleinen Dorf im Münsterland lebten vor langer Zeit die Bewohner glücklich und zufrieden. Sie gingen ihrem Tagwerk nach, an Feiertagen saßen sie gemütlich in ihren Gärten und lauschten dem Zwitschern der Vögelchen. Es war eine freundliche Zeit.

Irgendwann besuchte ein Wandersmann den beschaulichen Ort und beschloss, sich dort mit seiner Frau niederzulassen. Er kaufte ein kleines Häuschen und richtete sich ein. Hein, so hieß der Wandersmann, war aber bald nicht mehr zufrieden, denn er hatte ein zänkisches Weib. Darum saß er abends murrend in seinem Garten und gab sich dem Gerstensaft hin. Er fing an, sich an allem zu stören. Zuerst an dem Gezwitscher der Vögelchen. So nahm er sich seine Flinte und schoss die Tiere ab.

Doch auch danach fühlte er sich nicht zufrieden. Es kam ihm der Gedanke, dass er seine Nachbarn mit üblen Streichen Schaden zufügen könnte. Nach und nach verärgerte er die Menschen in seinem Umfeld.

An einem sonnigen Sommertag fand Heini, so wurde er mittlerweile im Dorf genannt, vor seiner Haustür ein Ei. Das musste jemand verloren haben. Heini betrachtete das Ei aufmerksam. Es war zerbrochen, Eigelb und Eiweiß hatten bereits die Strahlen der Sonne angetrocknet. Ihm kam der Gedanke, dieses Ei zum Anlass zu nehmen, seinem Nachbarn ein Ärgernis zu bereiten. So rief er den Gendarm, zeigte diesem das Ei und bestand darauf, seinen friedlichen Nachbarn der böswilligen Eier – Attacke zu bezichtigen und forderte dessen sofortige Verhaftung.

Der Gendarm war ein besonnener Mann. Es kam ihm natürlich auch der Gedanke, dass er keine Räuber fangen, oder  in Oeding an der Grenze stehen konnte, wenn er bei Heini Eier suchen gehen sollte. Aber des lieben Friedens willen, und weil Heini keine Ruhe gab, ging er dem verlorenen Ei nach.

Natürlich war der Nachbar sehr überrascht, als er hörte, dass er ein Lump sein soll, der heimlich Eier wirft.

Schnell sprach sich das Ereignis herum. Heini ärgerte sich, weil er gehofft hatte, das Gericht würde den Nachbarn in den Kerker werfen. Aber nichts dergleichen geschah. So überlegte er sich weitere Schandtaten und bald schon kam ihm ein böser Gedanke.

Auf der anderen Seite seines Gartens wohnte ein altes verwitwetes Mütterchen. Die hatte vier Katzen und liebte sie wie ihre Kinder. Darum war sie sehr betrübt, als eines ihrer Kätzchen von einem Streifzug nicht nach Hause kam. Jedes Mal wenn sie den Namen der Katze rief, antwortete Heini aus seinem Garten mit einem Schrei, der dem einer sterbenden Katze glich. Das Mütterchen ahnte, dass Heini etwas mit dem Verschwinden der Katze zu tun hatte, konnte es aber nicht beweisen.

Als die alte Frau wieder nach ihrer Katze rief und Heini ihr mit dem Todesschrei antwortete, rief sie ihm zu: »Hast du Schmerzen, Heini? Ist dir wieder ein Ei aus der Hose gefallen?«

Illustration: Sylvia B.
Das brachte Heini ersteinmal zum Schweigen.

Am nächsten Tag rief das Mütterchen den Namen der vermissten Katze. Wieder antwortete Heini, gestärkt durch die Kraft des Gerstensaftes, mit dem Schrei.

Da wurde das alte Mütterchen zornig. Sie gackerte laut wie ein Huhn und rief, dass es im ganzen Dorf zu hören war: »Kommt ihr Kätzchen, das Huhn hat ein Ei gelegt! Wir müssen den Gendarmen rufen!«

Es setzte Gelächter ein im Dorf. Heini konnte sich nirgendwo mehr sehen lassen, ohne dass aus irgendeiner Ecke Gegacker ertönte und in dem kleinen Dorf wurde es Sitte, die Katzen mit dem Geschrei der Hühner zu rufen.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann gackern sie noch heute ...

Lesen Sie auch: Märchen rund ums Weseker Ei: Wie Heini auf Psycho machte




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Freitag, 18. Mai 2012

Finanztransaktionssteuer - die Freitagskolumne von Ursula Prem

Ursula Prem
Der EU-Fiskalpakt müsse neu verhandelt und um eine starke Wachstumskomponente erweitert werden, die durch eine Finanztransaktionssteuer zu finanzieren sei, so lautet die einheitliche Botschaft des neuen französischen Präsidenten Hollande und der SPD-Troika Gabriel, Steinbrück und Steinmeier. Durch Sparen und Schuldenabbau alleine sei die Finanzkrise nicht zu bewältigen.

Die Forderung nach der Finanztransaktionssteuer ist so alt wie populistisch, denn die Gewinne aus Wertpapiergeschäften unterliegen selbstverständlich bereits der Steuerpflicht, während die Verluste nur dann steuerlich absetzbar sind, wenn sie sich im Laufe der Folgejahre mit Gewinnen verrechnen lassen, die ebenfalls aus Wertpapiergeschäften entstanden sind. Ist das Anlagekapital jedoch im schlimmsten Fall verbrannt, ist damit erst einmal nicht zu rechnen. Eine zusätzliche Finanztransaktionssteuer wäre eine reine Strafsteuer, denn der bloße Kauf eines Anlagepapiers garantiert schließlich noch keinen Wertzuwachs. Unbeeindruckt durch solche Fakten kommt die Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer beim Wähler natürlich gut an, obwohl sie die Lage lediglich weiter verkomplizieren würde.


Umverteilungsorgien für Fiskalmasochisten

Worin liegt der Sinn darin, Milliarden aus dem Finanzsystem abzusaugen, um sie im Krisenfall wieder zur Bankenrettung auszuschütten? Warum nicht einfach jeden nach guter Kaufmannstradition die Risiken für seine Geschäfte selbst tragen lassen? Damit wären Anleger zur Genüge an der Finanzierung beteiligt, im schlimmsten Fall bis zum Totalverlust ihrer Anlage. Ein einfaches Gesetz, welches Banken und anderen Anlegern vorschreibt, dass sie riskante Spekulationen nur aus Eigenkapital tätigen dürfen, könnte an die Stelle von Umverteilungsorgien wie der Finanztransaktionssteuer treten und das Problem wäre gelöst. Klar ist: Wer heute noch Politikern Spielkapital in Form von Staatsanleihen für weitere infantile Experimente leiht, ist wirklich selber schuld.


Das deutsche Exportwunder

Der Grund, weshalb in der Führungsriege Deutschlands Panik ausbricht bei dem Gedanken, Griechenland könnte aus der Eurozone austreten, ist ganz einfach: Das deutsche Exportwunder beruht auf dem Prinzip, den Abnehmerländern die nötigen Kredite zur Bezahlung von deutschen U-Booten oder bayerischem Bier gleich mitzuliefern, ohne darauf zu achten, ob die Kredite auch nur im Mindesten durch Sicherheiten gedeckt sind. Kommt es zu großflächigen Zahlungsausfällen, dann ist das hervorragende Bruttosozialprodukt nichts als eine Luftnummer: nicht das Papier wert, auf dem es gedruckt steht. Treten Länder wie Griechenland aus der Eurozone aus, bricht die Blase in sich zusammen. Da Deutschland jedoch selbst von regelmäßiger Neuverschuldung abhängig ist, käme es sehr schnell zu einer Übertretung des Stabilitätspakts, der die maximale Höhe der Neuverschuldung vom Bruttoinlandsprodukt abhängig macht. Kurz gesagt: Wir wären pleite und ebenfalls ein Fall für den Rettungsschirm.

Dass es keine Lösung ist, U-Boote für Griechenland aus der deutschen Staatskasse zu finanzieren, das lernen wir gerade. Wohlstand entsteht nun mal nicht durch möglichst viele Schuldner, sondern durch zufriedene, zahlungskräftige Kundschaft. Auch ein weiteres steuerfinanziertes Aufblähen des Prinzips »Wachstum auf Pump« wird an dieser kaufmännischen Grundregel nichts ändern.  


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Sonntag, 13. Mai 2012

121 »Hünengräber III«

»Höhlen, Hügel, Pyramiden«,
Teil 121 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Darschiling-Höhle um 1910
Foto: Archiv W-J.Langbein
Einst soll Indra einen fürchterlichen Blitz auf die Erde geschleudert haben. Im heutigen Westbengalen, zwischen Nepal und Bhutan, riss der Blitz ... so überliefert es die Mythologie ... ein Loch in die Erde, eine Höhle tat sich auf. Die Tibeter sahen diese uralte Höhle als Heiligtum an. Sie soll der Eingang in ein weitreichendes Tunnelsystem sein.

Im Tibetanischen heißt der Blitz »Dardschiling« ... und so wurde die Höhle Dardschiling-Höhle genannt. Von der heiligen Höhle leitet sich der Name der Stadt Darjeeling ab. Warum krochen die Menschen vor Jahrtausenden bei Darjeeling auf einer Höhe von über 2.000 Metern in eine muffige Höhle, um dort ihrer Religion zu frönen?
Hat Doris Wolf, eine Schweizer Wissenschaftlerin, die Antwort gefunden? Doris Wolf erkundete die Urkultur Ägyptens. Sie war an der Geschichte des alten Kulturvolks Ägyptens von lange vor der Zeit der Pharaonen interessiert. Bei ihren Studien stieß sie ... auf eine geheimnisvolle Höhle. In ihrem bemerkenswerten Werk »Was war vor den Pharaonen?« schreibt sie (1):

»Bei der Grotte der Großen Göttin im Tal der Königinnen ist noch eine andere Erscheinung interessant, die allerdings bisher unbeachtet blieb: eine aus dem Fels gemeißelte, überlebensgroße weibliche Skulptur auf der linken Seite des Eingangs, die über dem Boden schwebt. Obwohl der Kalkfelsen hoffnungslos brüchig ist, kann man bei der verwitterten Großplastik die untere Körperhälfte mit dem betonten Schoßdreieck erkennen, das gut erhalten ist.«

Weltwunder Cheopspyramide
Foto: W-J.Langbein
Die mystisch-mysteriöse Grotte in Luxor-West wurde nach den wissenschaftlichen Studien der Ägyptologin Christiane Desroches Neblecourt schon in den Zeiten der fernen Urgeschichte sakral genutzt. Wie? Auch wenn wir kein Buch aus uralten Zeiten lesen können ... so spricht die Symbolik der Höhlenkunst eine sehr deutliche Sprache. Sie stellt den riesigen Uterus der Heiligen Frau, der Göttin schlechthin, dar. Sie ist heiligster Ort überhaupt. Sie ist der »Mutterschoß der Großen Göttin«. Im Kult des Matriarchats war die Erde weiblich – die Mutter.

Krabbelten also die Menschen schon vor Jahrtausenden im Himalaya wie im »Alten Ägypten« in kultischer Verehrung in den Leib von Mutter Erde? Warum sollten sie das getan haben? Warum wird die ägyptische Göttin in der wissenschaftlichen Literatur nach wie vor stiefmütterlich behandelt? Warum wurde die Skulptur der Muttergöttin im ägyptischen Tal der Göttinnen so stark beschädigt? Warum wurde der in den Stein gemeißelte Torso im ägyptischen Kom el-Ahmar bis heute weitestgehend »übersehen«?
Warum üben unterirdische Anlage uralter Kultzentren so eine besondere Faszination auf uns aus ... wie etwa die »Unterwelt« von Tiahuanaco beim heutigen Dörfchen Tiwanacu, vier Kilometer hoch in den bolivianischen Anden gelegen?

Mysteriöser Tunnel von
Tiahuanaco - Foto: W-J.Langbein
Bei meinen Reisen zu den großen Mysterien unseres Planeten zog es mich immer wieder in die Unterwelt: in den Tunnel von Tiahuanaco im bolivianischen Altiplano ebenso wie in die »unvollendete Grabkammer« unter der berühmten Cheopspyramide!
Das christliche Abendland kennt die Lehre von Geburt und Tod ... und Auferstehung. Der gerechte Gläubige durchlebt sein Erdendasein, stirbt ... um nach seiner Auferweckung von den Toten und dem absolvierten Strafgericht ins Paradies einzugehen. Diese theologische Weltsicht passt nicht zur Realität des zyklischen Zeitenablaufs von Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Der Zeitplan der Natur ist zyklisch. Die Natur »tickt« wie eine Uhr, die keinen Anfang und kein Ende kennt.
Zyklisch wie die Jahreszeiten folgen im kleineren Maßstab Morgen, Mittag, Abend und Nacht immer wieder aufeinander. Da liegt es nahe, auch das Leben zyklisch zu sehen: Auf Geburt, Leben, Altern und Tod folgt wieder die Geburt.

Wo aber blieb der Tote zwischen Tod und neuem Leben? Die Sonne geht im Westen unter und taucht nach der Nacht im Osten wieder auf. Wo war sie in der Zwischenzeit? Durchlief sie die Unterwelt? Dieses Bild ist aus den ältesten Mythen unseres Planeten bekannt. Um im Bild zu bleiben: nach dem Tod gehen die Verstorbenen in die Unterwelt ein. Wiedergeburt heißt also eine Rückkehr aus dem Reich des Todes in die Welt der Lebenden! (2)

Unterwelt unter der Cheopspyramide
Foto: W-J.Langbein
Diese Vorstellung hat sich auch im Christentum erhalten, auch wenn sich viele Gläubige dieser Tatsache nicht wirklich bewusst sind. Heißt es doch im ökumenischen Glaubensbekenntnis: »Ich glaube an Gott ... und an Jesus Christus ... gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel.« (3)

Immer wieder bin ich in unterirdische Gänge, Tunnelsysteme und Höhlen gekrochen. Ich stieg in die Unterwelt unter uralten Pyramiden hinab ... in die dann förmlich greifbare Finsternis des »Totenreiches«. Wenn ich dann – möglichst nach mehrstündigem Aufenthalt – in der Dunkelheit etwa einer Kulthöhle der Osterinsel ans Tageslicht zurückkehrte ... war dies wie ein Aufstieg zurück in die Welt der Lebenden.

Trauriger Überrest einer einst
unteridischen Kammer
Foto: W-J.Langbein
Die Welt der »Höhlen, Hügel und Pyramiden« war – davon bin ich überzeugt – eine magische. Der Gläubige uralter Kulte stieg hinab ins »Totenreich«, etwa in der Bretagne. Die »Hünengräber« waren einst unterirdische Kulträume, keine »Einmalgräber«. Im Christentum wird der Leichnam bestattet, um dereinst wieder aufzuerstehen. Die weit älteren Kulte dachten anders.

Kulträume – unter Erdhügeln oder Pyramiden – wurden wie bombensichere Bunker angelegt, weil sie für die Ewigkeit gedacht waren. Wer in die angsteinflößende Finsternis der unterirdischen Räume stieg, der war voller Hoffnung. Er konnte wieder ans Licht des Tages zurückkehren.

In der kultischen Magie bewirkt die sakrale Handlung des Priesters oder des Gläubigen Großes: Indem der Mensch in die Unterwelt hinabsteigt ... und das im wahrsten Sinne des Wortes ..., indem er dann wieder aus der Dunkelheit ans Licht zurückkehrt, beschwört er den ewigen Lebenslauf: auf Tod folgt wieder neues Leben. Symbol dieses ewigen Kreislaufs ist die Spirale, die weltweit als sakrales Zeichen anzutreffen ist. Ich fotografierte sie immer wieder auf meinen Reisen, zum Beispiel bei Tiahuanaco in den Anden Boliviens. Eine »unendliche« Spirale wurde vor Jahrtausenden in einen Steinblock graviert. Ach, könnte man doch die alten Steine wie ein Buch lesen!

Spirale - Symbol
ewigen Lebens
Foto: W-J.Langbein
In der kultisch-religiösen Magie ging es nicht um das Leben des einzelnen Menschen, sondern um das Leben überhaupt. Indem der Priester in die Unterwelt hinabstieg und wieder zurückkam ... beschwor er das ewige Leben als Prinzip: Auf die »Todesstarre« von Winter oder Trockenzeit folgte wieder ein Erwachen des Lebens im Frühling. Es ging nicht um die egozentrische Vorstellung der Rückkehr eines bestimmten Menschen in die Welt der Lebenden. Es ging nicht um die Auferstehung des Einzelnen.
Es ging um den Erhalt des Lebens – Pflanze, Mensch, Tier – insgesamt. Es ging um den Erhalt aller Lebensformen auf Erden ... und nicht um die Unterwerfung von Planet Erde durch den Menschen. Der Mensch als Regent über unsere Erde ist nur im patriarchalischen Glauben vorgesehen ... das egozentrische Streben, durch den rechten Glauben dem eigenen kleinen Leben zur individuellen Unsterblichkeit zu verhelfen auch!

Nach mehr als drei Jahrzehnten des Forschens bin ich davon überzeugt, dass vor vielen Jahrtausenden sakrale Zeremonien des Matriarchats in natürlichen Höhlen gefeiert wurden. Mit dem Voranschreiten technischer Möglichkeiten folgten künstlich geschaffene unterirdische Tunnel und Kammern, schließlich Erdhügel mit eingeschlossenen Kammern für die Ewigkeit ... und Pyramiden.

Hünengrab bei Fallingbostel - Foto: Archiv W-J.Langbein

Fußnoten 1 Wolf, Doris: «Was war vor den Pharaonen?«, Zürich 1994, S.63
2 siehe hierzu auch Getty, Adele: »Göttin/ Mutter des Lebens«, München 1993
3 siehe hierzu auch Uhlig, Helmut: »Die große Göttin lebt/ Eine Weltreligion des Weiblichen«, Bergisch Gladbach 1992

»Die Ruinenstadt/
Das Geheimnis der Anden I«,
Teil 122 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 20.05.2012


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Samstag, 12. Mai 2012

NATIONAL GEOGRAPHIC – Wilde Alpen


Liebe Leserinnen und Leser,


heute möchte ich Ihnen wieder eine außergewöhnliche Publikation vorstellen. Das Buch ist eine Produktion von National Geographic Deutschland.


Bernd Ritschel ist einer der bekanntesten Bergfotografen Europas. Er wird Ihnen aus »ON LOCATION – Die Welt der Naturfotografie« in bester Erinnerung sein. Bernd hat mit beeindruckenden Bildern zu diesem Bildband beigetragen. Als routinierter Bergsteiger weiß er, wo er die besten Motive im Gebirge findet.



Der Alpinjournalist Tom Dauer arbeitet als Autor und Filmemacher am liebsten in den Bergen. Anhand von sechs exemplarischen Bergtouren beschreibt er die Besonderheit der Alpen und was ihre Faszination ausmacht. Wie ich der Kurzbeschreibung auf den letzten Seiten des Buches entnehmen kann, klettert Tom seit drei Jahrzehnten, wobei ihm Erstbegehungen in den Alpen, in Patagonien und im Himalaja gelangen. Er war also auf dem Dach der Welt.









Das Buch beginnt mit Deutschlands Gipfel. Die bayrischen Alpen gehören zu den beliebtesten Landschaften Europas. Begeistert bin ich von dem Bild der Frauenschuh-Orchidee, die Bernd Ritschel in Jachenau, Isarwinkel aufgenommen hat. Sie blühen in den Auenwäldern zu Hunderten.








Die Beschreibung zu diesem Bild: »In den Allgäuer Alpen reichen Wiesen bis in die Gipfelregion. Nur der Große Wilde gibt sich schroff.« Mir gefallen die Texte von Tom Dauer. Sie sind persönlich gehalten, er erzählt von seiner Kindheit in den Bergen. Er war sechs, als er zum ersten Mal auf einem Gipfel stand. Sein Vater hatte ihn früh angehalten, seine Unternehmungen in ein Büchlein einzutragen, ein Tourenbuch zu führen. Aus seinen Texten spricht die Liebe zu den Bergen und sein tiefer Respekt vor der Natur.





Weiter geht es mit Österreichs Gipfel. Zwischen Inntal und Isar, zwischen Achensee und Seefeld breitet sich das Karwendel aus. Das Bild ist als »Schlucht im Bodinggraben … Nationalpark Kalkalpen, Oberösterreich« beschrieben. Kein Landschaftsgärtner könnte ein solches Arrangement kreieren.








In Slowenien liegt das südöstliche Ende des großen Alpenbogens. Dort steht ein massives, karstiges Bollwerk: die Julischen Alpen. Die Slowenen lieben den Triglav, den höchsten der Julier. Slowenien ist der einzige europäische Staat, dessen Nationalflagge ein Gipfel ziert, als Symbol staatlicher Einheit und Unabhängigkeit.

Die italienischen Alpen sind an Vielfalt kaum zu überbieten, so erfahre ich weiter. Im Val Grande holt sich die Natur zurück, was ihr einst alleine gehörte. Über diesen Nationalpark erfahre ich sehr viel, bevor es zu den Schweizer Gipfeln weitergeht.



»Der Steinmann auf einer Gletscherschliffplatte des Rhone-Gletschers weist den Weg«

Frankreichs Gipfel beenden die Wanderung durch die »Wilde Alpen«.


Es werden auf den folgenden Seiten noch Flora und Fauna beschrieben und es finden sich Internet-Adressen. Toureninteressierte können und sollten sich dort wichtige Infos einholen, bevor sie in die Berge gehen.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen und ich empfehle es Ihnen gerne weiter.


Ihre

Sylvia B.


National Geographic danke ich für das Bildmaterial.

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Freitag, 11. Mai 2012

Schuldenkrise: Das langsame Aussterben der Dinosaurier - die Freitagskolumne von Ursula Prem

Ursula Prem
Imposant waren sie ja. Und in ihrer erschreckenden Größe irgendwie wunderschön. Dennoch sind sie von der Erde verschwunden, als hätte es sie nie gegeben, von einigen spektakulären Knochenfunden abgesehen, dank derer wir überhaupt wissen, dass die Saurier jemals auf diesem Planeten gelebt haben. Dabei ist das Prinzip »Saurier« sogar eine Erfolgsgeschichte der Evolution: Etwa 200 Mio. Jahre lang bevölkerten sie die Erde, bevor sie vor etwa 60 Mio. Jahren ausstarben und kleineren Arten Platz machten.

Gerade die großen Saurier mussten von der Erde verschwinden. Mit oder ohne Komet. Sie waren schlicht und einfach zu groß geworden. Was geschieht, wenn die herrschenden Kreaturen zu groß werden? Sie fressen zuerst alles, was kleiner und schwächer ist als sie. Und wenn irgendwann nichts mehr übrig ist, verschlingen sie sich gegenseitig. Zum Schluss bleibt eine öde Wüste übrig und der Rest ist Schweigen. Dass dies nicht die richtige Strategie ist, um dauerhaft zu überleben, das musste die Evolution in ihrer unendlichen Weisheit schließlich erkennen. Die Riesensaurier starben aus: Tyrannosaurus Rex musste weichen. Die Schöpferkraft war aus dem Stadium pubertären Größenwahns in die Phase erwachsener Rationalität eingetreten und besann sich auf kleinere, wendige Arten, die nicht Gefahr liefen, durch ihr eigenes Gewicht erdrückt zu werden. Trotz aller Tragik war dies langfristig gesehen die bessere Entwicklung, weil sie das Überdauern des Lebens auf der Erde sicherstellte. T-Rex übrigens wurde ein kleines Trostpflaster zuteil: Die Entwicklung nahm Teile von ihm mit und formte ihn um zum .... Spatz!


Großbanken, Konzerne und Staaten – die Saurier von heute


Die Parallelen zur heutigen Entwicklung sind frappierend. Großbanken, Konzerne und Staaten klammern sich aneinander fest, um nicht ins Taumeln zu geraten. Auch die Stärksten können sich dem Sog nur noch mühsam entziehen, sodass selbst die USA bereits mehrfach nur um Haaresbreite und unter Anwendung finanzpolitischer Taschenspielertricks dem drohenden Staatsbankrott entkommen sind. Aufgetürmte Schuldenberge, weit gespannte Rettungsschirme und eine immer stärker angezogene Steuerschraube machen das Problem nur schlimmer und werden das Unausweichliche dennoch nicht verhindern können.

Wieder einmal sind die Dinos dabei, auszusterben. Ihr Umsturz wird die Erde erzittern lassen und so einiges mit in den Abgrund reißen, was sich in ihrem kühlenden Schatten gemütlich eingerichtet hatte. Danach wird, wie schon einmal vor vielen Millionen Jahren, die Stunde der kleinen, wendigeren Arten schlagen. Hierauf sollte vor allem unser Bildungssystem vorbereitet sein, das momentan ausschließlich darauf ausgerichtet ist, jegliche Individualität zu normieren und funktionierende, möglichst gleichförmige Menschenmodule für das große System auszuspucken. Module, für die es keine Verwendung mehr geben wird, wenn der Button »Game over!« erst einmal zu blinken beginnt.


Individualität im Bildungssystem


Was in der Ökologie längst als erstrebenswert erkannt wurde, kann in der Bildungspolitik nicht ganz falsch sein: die Pflege der Artenvielfalt, sprich: der Individualität. Wenn jedes Jahr Hunderttausende junger Menschen die Schulen verlassen, die dort zwar das Ausfüllen von Formularen erlernt haben, nicht aber zum eigenständigen, kreativen Füllen eines leeren Blatt Papiers in der Lage sind, dann sollten wir uns ernsthaft Gedanken machen.



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Montag, 7. Mai 2012

NATIONAL GEOGRAPHIC – iPhone-Fotografie

Liebe Leserinnen und Leser,

diesmal bin ich wirklich verblüfft.

Vor mir liegt ein Buch, herausgegeben von
NATIONAL GEOGRAPHIC
mit dem Titel:
iPhone-Fotografie.

In seinem Vorwort schreibt Carsten Peter, NATIONAL GEOGRAPHIC – Fotograf: » … Die beste Kamera ist immer die, die du dabei hast … «.

Da gebe ich ihm Recht. Aber mit einem iPhone und der darin eingebauten Kamera qualitativ gute Bilder zu machen? Das will ich nicht so wirklich glauben. Dann erfahre ich aber, dass die Kamera des iPhones 4S so scharf ist, dass sie zu den besten auf dem Smartphone-Markt zählt. Smartphones sind zu den populärsten Fotoapparaten aufgestiegen. Die Bildbearbeitung ist ein Kinderspiel und lässt viel Raum für eigene Kreativität. Carsten Peter führt weiter aus, dass in dem Buch nicht nur über den Einfluss des iPhones auf den professionellen Journalismus berichtet werden soll. Das Buch soll auch Amateuren und interessierten Laien professionelle Anregungen bieten.

Außer Carsten Peter haben folgende Fotografen Beiträge zu diesem hochinteressanten Buch geliefert:

Damon Winter, New York Times-Fotograf und Pulitzer-Preisträger, der für seine iPhone-Fotografie mit dem Photographer of the Year (POYi) Awart ausgezeichnet wurde.

Michael Christopher Brown, dessen iPhone-Bilder die ersten waren, die im NATIONAL GEOGRAPHIC-Magazin erschienen sind.

Richard Koci Hernandez, der als Professor an der Berkeley Graduate School of Journalism unterrichtet.

Carlein van der Beek, die durch ihre Genialität in der künstlerischen Verwendung des iPhones brilliert.



Foto: ©arlein


©arlein besitzt die Art Humor, die ich liebe: »Ich mag es nicht, wenn man mich auf meine Kamera anruft …«.

Ihre Arbeiten werden weltweit in Galerien und Ausstellungen gezeigt. Die Künstlerin betont: »Es wird viel zu sehr über das Instrument gesprochen, aber das ist es nicht, was eine gute Fotografie ausmacht. Es ist die Geschichte, die sie erzählt.«

©arlein hat an der Art Academy in den Haag studiert, ihre Wurzeln kommen aus der Malerei, die Basis ihres Schaffens in der abstrakten Malerei. Die Vorliebe für gemischte Medien schlägt sich in ihren Werken nieder.


»Es ist wichtig, dass die Menschen da draußen erfahren, was hier passiert
Damon Winter verbrachte im Oktober 2010 sechs Tage mit den Soldaten des 2. Zugs der Delta Company. Es entstanden beeindruckende Aufnahmen, die Texte gehen mir unter die Haut: »Da ist sie, die Angst. Die Angst, dass jeden Moment das Leben vorbei sein kann. Jeden kann es treffen, absolut jeden und völlig beliebig. Eine Mine unterscheidet nicht zwischen Soldat und Fotograf, zwischen Freund und Feind. Es existiert ›Chancengleichheit‹ im Minenfeld … «. Die Minen verschonen auch keine Kinder auf den Minenfeldern dieser Welt. Das kommt mir in den Sinn, wenn ich die Texte lese und wieder frage ich mich, warum wir Menschen nicht friedensfähig sind. Diese Frage werde ich vermutlich in diesem Leben nicht beantwortet bekommen.

Michael Christopher Brown: Girl on Pole

Zu allen Bildern gibt es einen Hinweis über die verwendete App. Außerdem sind auf den letzten Seiten des Buches Tipps und Tricks der Fotografen aufgeführt, sowie ihre Biografien.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen und ich empfehle es gerne weiter.

Sylvia B.

Vielen Dank an NATIONAL GEOGRAPHIC für das Bildmaterial



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Sonntag, 6. Mai 2012

120 »Hünengräber II«

»Riesengräber in Deutschland«,
Teil 120 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Die Gemeinden von Heiden (NRW) und Vauréal (Frankreich) haben etwas gemeinsam ... In ihren Wappen sind rätselhafte Monumente aus der Steinzeit zu sehen ... Hünengräber! Hünengräber?

Sie sehen aus wie von Riesenkindern aus unförmigen Steinquadern aufgetürmte Tische. Wuchtige Steinmonster bilden die »Beine«, ein gewaltiger Brocken stellt die Tischplatte dar. Im Volksmund werden sie seit Jahrhunderten »Hünengräber« genannt. Warum? Hat man riesenhafte Knochen gefunden? Das nicht. Aber die Menschen konnten sich nicht vorstellen, wie die fantastisch anmutenden Steinkonstruktionen mit normalen Kräften zusammengesetzt worden sein sollen. Da mussten Hünen – also Riesen – am Werk gewesen sein. Und da die tonnenschweren Riesensteintische einst unter Erdhügeln lagen ... stellte man sich vor, dass sie einst monströsen Riesen als Gräber gedient haben müssen.

Eines der Königsgräber von
Haaßel - Foto W-J.Langbein
Ich kann mich gut daran erinnern: Meine Frau und ich erkundeten die Lüneburger Heide mit dem Fahrrad. In Bad Bevensen erkundigten wir uns nach den steinzeitlichen »Königsgräbern von Haaßel«. »Die können Sie gar nicht verfehlen ... Halten Sie sich nördlich, fahren Sie nach Altenmedingen ... von dort aus geht es Richtung Niendorf! Sie liegen an der Straße ... Nicht zu übersehen!« Verfahren haben wir uns zunächst erst einmal doch. Und das lag am Begriff »Berg«. Manches Mal hieß es: »Fahren Sie geradeaus ... und dann vor dem nächsten Berg links ab.« Wie weit es wohl bis zu besagtem »Berg« sein würde? »30 Minuten mit dem Rad ...« Nach einer Stunde stellten wir fest, dass wir den vermeintlichen »Berg« unbemerkt überwunden ... ja gar nicht als »Berg« erkannt hatten.

Der Begriff »Hünengräber« ist frei erfunden. Hünen haben ebensowenig mit den steinernen Denkmälern zu tun wie Hühner. Und in den »Königsgräbern von Haaßel« wurden auch keine Könige bestattet. Auch dieser Fantasiename weist nur auf die staunende Bewunderung der Menschen für die gewaltigen Bauten hin. Heute ist es strittig, ob »Hünengräber« überhaupt Gräber waren. Selbst wenn man in ihnen menschliche Knochen gefunden hat, müssen sie nicht von den Erbauern der Denkmäler stammen.

Entstanden sind die »Königsgräber von Haaßel« vor rund 5500 Jahren, also in der Jungsteinzeit. Es erforderte einiges Knowhow, die Steinbrocken von beachtlicher Größe an Ort und Stelle zu schaffen. Da den Steinzeitmensch des vierten Jahrtausends vor Christi Geburt nur primitivstes Werkzeug zur Verfügung gestanden haben kann, muss man die Konstrukteure und Erbauer bewundern. Wie richtete man die Monolithen auf?

Noch ein Königsgrab von Haaßel
Foto: W-J.Langbein
Wie bugsierte man die in der Regel noch viel größere Steinplatte auf die wuchtigen Stützen? Und schließlich müssen riesige Berge von Erdreich bewegt worden sein, um die Steinkonstruktion unter einem künstlichen Hügel verschwinden zu lassen.

Endete der Großstein-Kult irgendwann – vor Jahrtausenden – abrupt? Und wenn ja, warum? Man hat mit großem Aufwand die »Steintische« mit künstlichen Erdhügeln verkleidet. Gerieten die begrabenen Steinkonstruktionen in Vergessenheit? Wie auch immer: Es dauerte Jahrtausende, bis Wind und Wetter die Erdhügel wieder beseitigt hatten, so dass die »Hünengräber« aus Stein wieder zum Vorschein kamen.

So rätselhaft die Hünengräber auch heute noch sind, so bedauerlich ist es ... dass die meisten dieser steinzeitlichen Meisterleistungen unwiederbringlich zerstört und abgetragen worden sind. Man bedenke: um 1850 waren allein im Landkreis Uelzen etwa 250 solcher Steinanlagen bekannt. Heute sind davon kaum mehr als zehn erhalten geblieben. Die übrigen 240 wurden mit zum Teil erheblichen Kraft- und Arbeitsaufwand zerstört und zerschlagen. Man verwendete die zerschlagenen Findlinge beim Bau von Straßen, Mauern und Fundamenten für Häuser. »Praktische« Nutzung als Steinbruch führte zur unwiederbringlichen Vernichtung uralten Kulturguts.

Rätselhafte Hünengräber in der Heide
Foto: W-J.Langbein
Ich habe erhebliche Zweifel an der Theorie, dass die »Hünengräber« als letzte Ruhestätte für besonders wichtige Persönlichkeiten dienten. Tatsache ist: Im zweiten Jahrtausend vor Christus bestattete man vornehme Tote in simplen Holz- oder Steingräbern. Man gönnte ihnen Schmuck, aber auch Waffen ... in ihren höchst bescheidenen unterirdischen Behausungen. Warum soll man Jahrtausende zuvor um ein Vielfaches aufwendigere Konstruktionen errichtet haben, um wichtige Tote in der letzten Ruhestätte zu betten?

Vor rund zwei Jahrtausenden wurde es noch schlichter: Die elbgermanischen »Fürsten« wurden nach ihrem Ableben kremiert. Ihre Asche wurde in Keramikgefäßen bestattet. Darüber wurden als Denkmäler kleine Hügelchen aus Erdreich aufgetürmt. Sollten die »Buckelgräber« der frühen nachchristlichen Zeit tatsächlich die jüngsten Nachfolger der »Hünengräber« sein? Wenn ja, und ich bezweifele das, gab es im Lauf der Jahrtausende keine Höherentwicklung vom Primitiven zum technisch Aufwendigeren, sondern umgekehrt von der Meisterleistung zum Einfachen, geradezu Simplen.

Als die »Hünengräber« vor fünf Jahrtausenden entstanden, bestimmte ein Eichenmischwald das Landschaftsbild. Auf dem nicht besonders fruchtbaren Boden gedieh auch die Birke gut. Die Erbauer der »Hünengräber« – wenn die emsigen Bauern denn wirklich die Erbauer waren – bestellten karge Felder. Ihre bescheidenen Höfe nährten bescheidene, anspruchslose Menschen.

Steintisch ... Grab ... steinzeitliches
Geheimnis - Foto: W-J.Langbein
Die Landschaft der Lüneburger Heide hat vor fünf Jahrtausenden wohl kaum anders als heute ausgesehen. Die Bauern hatten Gerste und Weizen auf ihren Feldern ... und Schafe, Ziege, Schweine und Rinder in den Stallungen.

Die meisten Hünengräber sind in den letzten Jahrhunderten verschwunden. Die jüngeren »Buckelgräber« trifft man noch häufiger an. Sie standen der wachsenden Landgewinnung für die Feldwirtschaft nicht so im Wege.

Wer hat die »Hünengräber« gebaut? Gab es vor Jahrtausenden so etwas wie eine gesamteuropäische Kultur, von der wir nicht erst seit der Finanzkrise weiter denn je entfernt sind? Schriftliche Zeugnisse aus jenen Zeiten gibt es keine. So wissen wir so gut wie Nichts über das Denken der damaligen Menschen. Auch wenn die meisten »Hünengräber« längst wieder verschwunden sind, so wissen wir Erstaunliches: »Hünengräber« wurden vor Jahrtausenden in ganz Europa gebaut: im Mittelmeerraum ebenso wie in den küstennahen Regionen Westeuropas bis hinauf nach Norddeutschland ... und weiter im Norden in Skandinavien!

Mit meiner Frau erkundete ich vor 30 Jahren die »Hünengräber« Norddeutschlands. Mit dem Fahrrad erfuhren wir die wunderschöne Lüneburger Heide, deren Geheimnisse bis heute nicht wirklich erforscht worden sind.

Ein Hünengrab in der Bretagne
Foto: W-J. Langbein
Jahre später kroch ich in den »Hünengräbern« der Bretagne herum ... und bewunderte die mysteriöse Kultanlage von Gavrinis ... einen bunkerartigen, schlauchförmigen Gang in einem pyramidenförmigen, künstlich aufgeschütteten Hügel. Mein Vater besuchte mit mir vor mehr als vierzig Jahren die Bretagne. Ich kann mich gut an einen kühlen Herbstabend erinnern. Mein Vater hatte sich bei einem alten Bauersmann nach dem Weg erkundigt, war ins Gespräch gekommen.

Und plötzlich führte uns der greise Franzose durch einen muffigen Hühnerstall ... durch eine Scheune in einen schmuddeligen Hinterhof. Fast an eines der bäuerlichen Gebäude angelehnt ... sahen wir einen stolzen Bau aus der Steinzeit, ein »Hünengrab« aus uralten Zeiten.

»Die anderen Bauern lachen ... « erklärte uns der alte Mann. »Sie verstehen nicht, warum wir diese Hinkelsteine nicht gesprengt und beim Stallbau vermauert haben!« Der Franzose wurde ernst. »Aber das verbietet doch der Respekt vor den Leistungen unserer Vorfahren! Mein Großvater hat es als Schande angesehen, die alten Bauwerke zu zerstören!«

Zur Erinnerung: Auch Gavrinis (Bretagne) ist so etwas wie ein »Hünengrab« ... das noch im Erdreich steckt. Solche oder ähnliche mysteriöse Hügel gab es einst zu Tausenden in ganz Europa.

Fallingbostel, Holzstich Ende
19. Jahrhundert
Archiv W-J.Langbein
Die »Hünengräber« der Lüneburger Heide – wie jene von Fallingbostel – sind nur noch so etwas wie Skelette der einstigen Sakralbauten. Welchem Zweck sie einst wirklich dienten, wir wissen es nicht. Wenn doch nur einer der Baumeister vor 5.000 Jahren Zeichen in die Megalith-Bauten geritzt hätte, die wir heute wie ein Buch lesen könnten. Es gibt aber keinerlei Aufzeichnungen aus jenen Tagen. So sind wir auf Vermutungen und Spekulationen angewiesen.

Die heutige Form der »Hünengräber« täuscht, führt in die Irre. Wir dürfen nicht vergessen: Sie waren nicht als überirdische Hinkelstein-Bauten gedacht. Sie waren als unterirdische Räume gebaut, als unterirdische »Bunker«. Es waren unterirdische Räume mit tonnenschweren Mauern und Decken ... gebaut für die Ewigkeit ... und keine Gräber im heutigen Sinne.

»Hünengräber III«,
»Höhlen, Hügel, Pyramiden«,
Teil 121 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 13.05.2012



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