Sonntag, 27. November 2016

358 »Das Grab des Papstes«

Foto 1: Reliefs am Grab
Teil  358 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein


Oberfranken ist und bleibt meine Heimat, auch wenn es mich ins Weserbergland verschlagen hat. Bamberg war vor einem halben Jahrhundert eines der beliebtesten Ausflugsziele meiner Eltern. So wurde ich schon als Kind immer wieder in den altehrwürdigen Dom geführt. Besonders beeindruckt hat mich der Bamberger Reiter und das Papstgrab mit seinen Reliefs. Besonders gefallen hat mir als Kind der – in meinen Augen – freundliche Drache. Besonders groß war er ja nicht. Und wieso fasste ihm die Frau in der seltsamen Kutte an den Hals? Gleich daneben war eine weitere Frau. Ich hielt sie für eine Tierärztin, die einem kranken Löwen in den weit geöffneten Rachen schaut.

Andere Darstellungen verstand ich überhaupt nicht. Was hatte ein nackter Mann am Grab eines Papstes zu suchen? Und was machte der Mann? Goss er sich beim Waschen einen großen Krug Wasser über den Leib? Und wer war der Mann mit dem spitzen Hut auf dem Sofa, der sich offenbar mit einem Engel unterhielt? Dann war da noch ein bärtiger Mann mit Schild und Schwert. Warum hantierte eine Person, die mit einem Schwert bewaffnet war, mit einer Waage? Was hatte die Frau mit zwei Krügen vor? Für mich als Kind waren die Reliefs am Papstgrab nichts Religiöses, sondern Teile einer Bildergeschichte, die ich nicht verstand.

Foto 2: Die Tumba des Papstes

Gelernt habe ich im Lauf der Jahre, Kapellen, Kirchen und Kathedralen unvoreingenommen zu erkunden. Entdeckt habe ich dabei immer wieder künstlerische Darstellungen, die nicht so recht in ein christliches Gotteshaus zu passen scheinen. Beispiel: Kloster Corvey. Unter der Westempore des Johanneschores im Westwerk findet sich ein einzigartiges gemaltes Dokument. Es ist etwa1200 Jahre alt. Dank modernster wissenschaftlicher Methoden konnten winzige Farbpartikel entdeck werden, die man mit dem bloßen Auge nicht wahrnimmt. So war es möglich, scheinbar Verschwundenes deutlicher sichtbar werden zu lassen.

Foto 3: Die »Löwenbändigerin« oder »Tierärztin«?

Das Monster von Corvey hat einen spitz zulaufenden Schwanz, der ist steil emporgerichtet. Er wird rasch dicker, windet sich zweimal und geht in einen »menschlichen« Oberkörper über. Die Kreatur reckt einen Arm nach oben, mit dem anderen hat es einen Mann umklammert. Aus der Hüfte des Untiers wachsen drei Vorderteile von Hunden heraus.  Auf dem Schwanz der Bestie steht eine hünenhafte Gestalt, bekleidet mit Lendenschurz, bewaffnet ist mit Schild und Speer. Wahrscheinlich dürfen wir das Monsterwesen als Skylla, vielleicht aber auch als Kerberos identifizieren. Beide wurden in der Antike mit drei Vorderteilen von Hunden und Drachenschwanz dargestellt. Der wackere Kämpfer, der es mit dem Monster aufnimmt, könnte Odysseus sein, wenn die Darstellung des Gemetzels in einem heidnischen Tempel oder einem Palast aus vorchristlichen Zeiten zu finden wäre. Was aber hat Odysseus versus Monster in einem christlichen Gotteshaus zu suchen?

Fotos 4 und 5: Barbusige mit Drachen
Da bringen Theologen gern ein Zauberwort ins Spiel: die Allegorie. Die Allegorie – im Altgriechischen »allegoria«, zu Deutsch »verschleierte Sprache« – ist höchst hilfreich, wenn es gilt, ein heidnisch-mythologisches Bild in einem christlichen Gotteshaus zu erklären. Interpretiert man ein Bild allegorisch, dann bedeutet es etwas ganz anderes als es auf den ersten Blick darzustellen scheint. Aus dem mythologisch-heidnischen Kampf des Odysseus gegen Skylla oder Kerberos wird so der Heiligen Georg versus Satan und wenn man so will Jesus als Sieger über das Böse.

Allegorisch seien, so höre ich immer wieder, die Reliefs vom Bamberger Papstgrab zu verstehen. Die südliche Längsseite der Tumba zieren zwei besondere Paare: eine Frau und ein Löwe und eine Frau und ein Drache. »Fortitudo«  – Stärke – sei allegorisch als Frau gezeigt, die einen Löwen besiegt und ihm kraftvoll den Rachen aufreißt.  Diese Interpretation kann ich noch nachvollziehen. »Prudentia« –  zu Deutsch Klugheit – werde allegorisch als Frau und Drache dargestellt. Warum eine junge barbusige Frau, die einem Drachen an den Hals fasst, ein Sinnbild für »Klugheit« sein soll, leuchtet mir nicht so recht ein. Oder wird da ein uraltes religiöses Bild – die Urgöttin in Gestalt eines Drachen zusammen mit ihrer Anhängerin – verchristianisiert?

Foto 6: Zwei Frauen und ein Mann

Wenden wir uns der nördlichen Längsseite zu. Wir sehen zwei Frauen und einen Mann. Links sitzt eine Frau, eine Waage in einer Hand, mit der anderen greift sie nach einem Schwert auf ihrem Rücken. Allegorische Interpretation: das ist »Justitia« mit Waage und Schwert. In der Mitte sitzt eine weitere Frau, wiederum oben ohne wie die Frau mit dem Drachen, mit zwei Krügen. Sie schüttet etwas von einem Krug in den anderen. Allegorische Interpretation: das ist »Temperantia«, also die Mäßigkeit, die Wein mit Wasser verdünnt. Oder ist es doch eine Giftmischerin, die dem Papst einen tödlich wirkenden Trunk zubereitet?

Foto 7: Justitia mit Waage

Spärlich bekleidet ist der Mann rechts außen. Er wendet uns den Rücken zu. Aus einem über die Schulter gehobenen Gefäß fließt Wasser. Allegorische Interpretation: Er ist die Personifikation jenes Stromes, der laut Schöpfungsbericht (1) im Garten Eden entspringt. Soll die Fast-Nacktheit des Mannes auf die Zeit vor dem berühmten Sündenfall hinweisen, als Adam und Eva noch nackt waren? Steht er als allegorische Darstellung für das Paradies, für den Garten Eden, den Gott für abendliche Spaziergänge nach des Tages Hitze nutzte?  Soll der personifizierte  – allegorisch – das Paradies darstellen?

Foto 8: Giftmischerin mit Krügen?

Warum sind »Giftmischerin« und »Drachenfrau« beide barbusig und fast nackt gezeigt? Wurde Papst Clemens II. vergiftet, weil die Mächtigen von Kirche und Staat Angst vor seinen Reformplänen hatten? Einige Reformen hatte er ja bereits durchgesetzt, andere eingeleitet. Eine Rückkehr zu den ursprünglichen Werten des Christentums war für die im Reichtum Schwelgenden alles andere als wünschenswert. Sie genossen Reichtum und Macht, prassten und hatten dabei recht freizügige Vorstellungen von »christlicher Moral«. Steht der gebändigte, zahm wirkende Drache für die mit dem Tod von Papst Clemens II. beseitigte Gefahr?

Foto 9: Allegorische Darstellung des Paradieses?

Jahrzehnte sind seit meinem ersten Besuch im Dom zu Bamberg verstrichen. Auch heute noch fügen sich nach meinem Verständnis die einzelnen »Bilder« am Papstgrab immer noch nicht zu einer Geschichte. Ich befragte Professoren der Theologie, als ich in Erlangen studierte. Schlüssige Antworten erhielt ich keine. Die Faszination lässt nicht nach. Ich forsche weiter. Inzwischen habe ich intensiv in den eher spärlichen Quellen recherchiert. Wirklich befriedigende Antworten habe ich nicht gefunden. Es beruhigte mich ein wenig, als ich erkannte, dass auch für Experten bislang Fragen unbeantwortet bleiben. So konstatiert Dr. phil. Georg Gresser in seinem Werk »Clemens II.« offen und ehrlich (2): »Das Bildprogramm der Tumba ist nicht leicht zu deuten. Seit vielen Jahrzehnten herrschen unterschiedliche Meinungen über die dargestellten Personen und die damit verbundenen Aussagen vor.«

Eines der Reliefs ist in seiner Aussage eindeutig. Es befindet sich am »Fußende« der Tumba, an der Ostseite des Monuments. Zu sehen ist eindeutig Papst Clemens II. auf seinem Sterbelager. Ein Engel mit ausgebreiteten Flügeln deutet mit dem Zeigefinger gen Himmel. Offenbar weist er den Stellvertreter Christi auf Erden auf sein nahendes Ende, auf die Reise ins Jenseits hin. In der anderen Hand hält der Himmelsbote so etwas wie eine Schriftrolle, die vielleicht des Papstes gute und böse Taten auflistet. Es naht ja das himmlische Gericht.

Foto 10: Der sterbende Papst und der Engel

Das Bild an der gegenüberliegenden schmalen Seite der Tumba, an der Westseite, gibt Rätsel auf.  Da sitzt ein bärtiger Mann, der auf den ersten Blick wie ein Krieger aussieht. Er hält Schild und Schwert. Warum fasst er das Schwert nicht am Griff, sondern an der Schneide? Warum berührt er den Schild nicht direkt mit der Hand? Heilige werden fast immer mit dem Werkzeug gezeigt, das zu ihrer Ermordung genutzt wurde. Das Schwert könnte also auf Johannes den Täufer hinweisen, der ja geköpft wurde. Auf dem Schild sehen wir das Kreuzzeichen und das Lamm. Weist Johannes so auf den nahenden Messias (»Lamm Gottes«) hin? Andere Interpreten sehen nicht Johannes, den Täufer, sondern den Messias selbst dargestellt. Das Schwert wird vom Hinrichtungsinstrument zum Zeichen des Weltenrichters, der am Ende der Zeit Recht spricht.

Wer ist nun der Bärtige? Johannes der Täufer oder Jesus, der Richter? Das Relief ist an der westlichen Schmalseite angebracht. Die Ausrichtung nach Westen hin kann sehr wohl als Hinweis auf das »Jüngste Gericht« verstanden werden. Wird also nicht Johannes, sondern Jesus präsentiert, als Richter (Schwert!) und Erlöser (Lamm Gottes mit Kreuz)?

Fotos 11 und 12: Johannes oder Jesus?
Warum aber wird das Grab des Papstes hinter einem protzigen Bischofsstuhl versteckt, so dass man die kostbare Tumba als Dombesucher gar nicht zu Gesicht bekommt? Kapellen, Kirchen und Kathedralen haben so manches Geheimnis aufzuweisen. Die kleinen und großen Gotteshäuser verdienen sehr viel mehr Beachtung als ihnen in unseren Tagen zuteilwird. Da und dort werden Kirchen geschlossen und selbst große christliche Sakralbauten verkommen mehr und mehr zu musealen Zielen für Touristen. Wo man auch steht, ob man Atheist oder Christ ist: Unsere Wurzeln sind christlich. Noch leben wir im christlichen Abendland. Noch ist religiöser Glaube Privatsache.

Fußnoten
1) Siehe 1. Buch Mose Kapitel 2, Vers 10
2) Gresser, Georg: »Clemens II./ Der erste deutsche Reformpapst«, Paderborn 2007, S. 131, Zeilen 18-20 von unten
Zu den Fotos
Foto 1: Reliefs am Grab. Sehr frühe Zeichnung. Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 2: Die Tumba des Papstes. Foto wiki commons Johannes Otto Först
Foto 3: Die »Löwenbändigerin« oder »Tierärztin«? Foto wiki commons Immanuel Giel
Fotos 4 und 5: Barbusige mit Drachen. Fotos wiki commons Johannes Otto Först
Foto 6: Zwei Frauen und ein Mann. Foto wiki commons Johannes Otto Först
Foto 7: Justitia mit Waage. Foto wiki commons Immanuel Giel
Foto 8: »Giftmischerin« mit Krügen. Foto wiki commons Immanuel Giel
Foto 9: Allegorische Darstellung des Paradieses? Foto wiki commons Johannes Otto Först
Foto 10: Der sterbende Papst und der Engel. Archiv Walter-Jörg Langbein
Fotos 11 und 12: Johannes oder Jesus?  Foto 11 (oben) Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 12 (unten) wiki commons Johannes Otto Först 

359 »Gruselige Fabeltiere in Gotteshäusern«,
Teil  359 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein,                       
erscheint am 04.12.2016

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Sonntag, 20. November 2016

357 »Wurde Papst Clemens II. ermordet?« Teil II

Teil  357 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein







Foto 1: Reformpapst Clemens II.
»Vor allem aber fördert das Grab von Papst Clemens II. die Verbundenheit mit Rom.«, schreibt Ludwig Schick, Erzbischof von Bamberg, in seinem wirklich lesenswerten Buch »Was der Bamberger Dom uns sagen kann« (1). Und weiter heißt es (2): »Der Dom in Bamberg ist die einzige Kathedrale in ganz Deutschland, die ein Papstgrab beherbergt. Suidger wurde auf einer Synode in Suturi, in der Nähe Roms, 1046 zum Papst gewählt und an Weihachten des gleichen Jahres in St. Peter feierlich inthronisiert.  Leider starb er bereits am 9. Oktober 1047. Er gehört trotz seiner kurzen Amtszeit zu den Reformpäpsten des Mittelalters.«

Papst Clemens II. war trotz seiner kurzen Amtszeit ein Reformpapst? Oder war seine Amtszeit so kurz, weil er zu tiefgreifenden Reformen entschlossen war? Wurde seinem Treiben deshalb ein Ende gesetzt? Wurde Papst Clemens II. ermordet? Schon unmittelbar nach seinem Tod wurde spekuliert und immer wieder behauptet: Papst Clemens II. Starb keines natürlichen Todes, er wurde ermordet! Im Jahr 2007 stellte der Papstbiograph Georg Gresser klipp und klar fest (3):

»Schuld daran waren seine Widersacher, die einen blonden Bischof aus dem Norden gerne beseitigt sehen wollten. Mag der letzte Beweis für die Ermordung des Papstes auch mit Hilfe naturwissenschaftlicher Methoden heute nicht mehr zu erbringen sein, aus historischer Perspektive erscheint sie mehr als wahrscheinlich.«

Im Jahr 1959 wurden im »Jahrbuch für fränkische Landesforschung« die Ergebnisse einer kriminalistischen Untersuchung von sterblichen Überresten des Reformpapstes Clemens II. publiziert. Offensichtlich lagen den Wissenschaftlern eine ganze Reihe von Proben vor, nämlich »mumifizierte Gewebsproben« »ein eingetrockneter Knochen«, eine »linke Rippe«, »ein knochenähnliches Stückchen fraglicher Lokalisation« und »einige Haare«.

Foto 2: Clemens II., ermordet?
Was fanden die Wissenschaftler mit modernen Mess- und Analysemethoden heraus? Zunächst einmal wissen wir jetzt, dass der Leichnam des nach nur so kurzer Amtszeit verstorbenen Papstes (5) »durch Einbalsamierung konserviert worden war«. Festgestellt wurden aber auch Spuren von Blei, zum Beispiel in den »Gewebsbrocken«  (6): »Demgegenüber wies die Rippe als wegweisenden Befund eine Bleiimprägnation von 50 mg/100 g lufttrockene Rippensubstanz auf.« Offenbar gibt es keinen Zweifel (7): »Der Nachweis der Bleiverteilung gelang in sehr befriedigender Weise durch quantitative Spektrographie.«

Wichtig ist, dass das Blei nicht etwa im Rahmen der Balsamierung des Leichnams, sondern von Papst Clemens II. zu seinen Lebzeiten aufgenommen wurde, und zwar (8) »im Sinne einer subchronischen Deponierung«. Fakt ist: Der Papst starb an einer Bleivergiftung. Wurde er also ermordet? Der wohl renommierteste Kirchenkritiker überhaupt, Karlheinz Deschner (* 23. Mai 1924 in Bamberg; † 8. April 2014 in Haßfurt) konstatiert in seinem Magnum Opus »Kriminalgeschichte des Christentums« über Clemens II. (9):

»Die Leiche wurde nach Bamberg gebracht und im Dom beigesetzt – im einzigen Papstgrab nördlich der Alpen. Und neunhundert Jahre später, 1942, fand man bei seiner Öffnung nicht nur prächtige Pontifikalgewänder und immer noch, wie bereits bei der Graböffnung 1731, ›viele licht-gelbe Haare‹. Sondern bei einer toxikologischen Untersuchung auch einen merkwürdigen Bleigehalt in den Knochen. Der alte, schon seit dem Hochmittelalter kursierende Verdacht, er sei vergiftet worden, vermutlich von Papst Benedikt, scheint dadurch bestätigt. Für die übrigen vier ›deutschen Päpste‹ damals, für Damasus II., Leo IX., Viktor II. und Stephan IX., ›gilt der Giftmord als unwahrscheinlich‹.«


Foto 3: Das Papstgrab, hinter der Kathedra

Die Faktenlage: Clemens II. nahm zu Lebzeiten kontinuierlich Gift ein. Wenn er vergiftet wurde, dann verabreichte man ihm nicht eine tödliche Dosis auf einmal, sondern nach und nach kleinere Mengen. Aus der Kriminalgeschichte ist hinlänglich bekannt, dass geschickte Giftmörder ihre Opfer langsam um die sprichwörtliche Ecke bringen. Bei Papst Johannes VIII. ging man recht zögerlich vor, so dass der Stellvertreter Christi von seinen ungeduldigen Mördern schließlich zu Tode geprügelt wurde. Bei Papst Johannes X. wählte die Tochter seiner Geliebten die richtige Mischung, die den Papst abrupt ins Jenseits beförderte. In seiner Ausgabe  46 berichtete »Der Spiegel«  im Jahr 1997 über den mysteriösen Tod von Papst Johannes Paul I. Was selbst den meisten Theologen unbekannt sein dürfte, stellte »Der Spiegel« nüchtern fest (10): »Fest steht eines: Das Vergiften von Päpsten hat eine lange Tradition. Schon 882 war Johannes VIII. von seinen Getreuen ein toxischer Trank verabreicht worden.«

Fotos 4 und 5: Die Kathedra
Wir stehen mit dem Kaisergrab im Rücken im Dom zu Bamberg und blicken in Richtung Ostchor. Müssten wir nicht das berühmte Papstgrab sehen? Wir gehen weiter zum Westchor, bleiben schließlich stehen. Links harrt an einer steinernen Säule die Statue von Bischof Friedrich von Hohenlohe mit einer Bibel im Arm (Foto 8) stoisch der Dinge, die da noch kommen. Weiter dürfen wir nicht gehen. In der Mitte des Peterschores erkennen wir die bischöfliche Kathedra (Fotos 4 und 5). Der Münchner Künstler Leonhard Romeis hat den imposanten Bischofsthron erst anno 1903/04 geschaffen. Und dahinter verbirgt sich das Hochgrab von Papst Clemens II. (Siehe 4 Foto 4, im gelben Oval!) Diese Tumba des Papstes dürfte vielleicht schon um 1240 an den heutigen Platz im Dom geschafft worden sein. Zahlreiche Fragen konnten bis heute nicht mit Sicherheit beantwortet werden. So ist nach wie vor umstritten, ob die rätselhaften Marmorreliefs am päpstlichen Grabmal Originale aus dem 13. Jahrhundert oder  Kopien aus dem 17. oder 18. Jahrhundert sind (11).

Einigkeit herrscht in Expertenkreisen in einem wichtigen Punkt:  Das heutige Papstgrab wurde zwischen 1232 und 1237 als Ersatz für die ältere, ursprüngliche Tumba geschaffen. Wann genau die mit Reliefs verzierten Seitenwände hinzukamen, ist unsicher, vermutlich im 13. Jahrhundert. Über die erste Version des Clemens-Grabs wissen wir nichts. Und auch die Reliefs am bis heute erhaltenen Grab sind rätselhafter als wie vielleicht wahrhaben wollen.

Foto 6: Barbusige »Mäßigkeit« oder Giftmischerin?
Auf der nördlichen Längsseite des päpstlichen Marmorsargs sind drei Persönen im Halbrelief verewigt. In der Mitte steht eine Frau. Sie ist, wie man bei genauerem Hinsehen deutlich erkennt, barbusig. Ihre lockigen Haare fallen der Lady auf die Schultern. Den Kopf hält sie geneigt. Ein Bein hat sie angewinkelt, das andere weit ausgestreckt. In ihrer rechten Hand hält sie einen großen Krug am Henkel. Auf dem linken Arm trägt sie einen weiteren Krug. Sie hält ihn ein Stück hoch. Aus der weiten Öffnung strömt Flüssigkeit in den tiefer gehaltenen Krug mit Henkel. Die Theologie hat eine Erklärung parat: Die Dame ist die personifizierte »Temperantia«, die bildliche Darstellung einer der Kardinaltugenden, nämlich der Mäßigkeit. Übermäßiger Alkoholkonsum ist unvereinbar mit dem Ideal der »Temperantia«. Deshalb mischt die Dame dem Wein Wasser bei. So kann man viel trinken, ohne zu viel Alkohol aufzunehmen. Wieso freilich ausgerechnet die personifizierte »Mäßigkeit« barbusig daherkommt, ist mir schleierhaft.

Aber könnte das Bild am Papstgrab noch eine versteckte Botschaft enthalten? Vor dem Hintergrund einer möglichen Ermordung von Papst Clemens II. mit Gift lässt sich die Schöne auch als Giftmischerin verstehen, die dem Wein des Papstes Gift beimengt. Wurde in edlem Marmor ein Hinweis verewigt, warum der Reformpapst nach nur einigen Monaten der Amtszeit bereits das Zeitliche segnete? Das für den Papst tödliche Gift kann ihm sehr wohl in süßem Wein verabreicht worden sein.

Eine »Giftmischerin« auf dem Papstgrab mag schon befremdlich wirken. Was sagt man dann aber zu einer Drachenbändigerin auf dem gleichen Grab? Fortsetzung folgt...

Foto 7: Die Drachenbändigerin

Fußnoten
1) Schick, Ludwig:  »Was der Bamberger Dom uns sagen kann«, Bamberg, 1. Auflage 2012, Seite 48, leicht gekürzt
2) ebenda
3) Zitiert nach dem Wikipediartikel über Benedikt IX
4) Specht, W.: »Der Tod des Papstes Clemens II./ Eine toxikologische Studie«, erschienen in dem »Jahrbuch für fränkische Landesforschung«, 19, 1959, herausgegeben vom »Institut für fränkische Landesforschung an der Universität Erlangen«, S. 261-S.264
Foto 8: Bischof Friedrich von Hohenlohe mit einer Bibel im Arm
5) ebenda, Seite 263, Zeilen 5 und 6 von unten
6) ebenda, Seite 262, Zeilen 20 und 21 von unten
7) ebenda, Seite 262, Zeilen 9 und 10 von unten
8) ebenda, Seiet 263, Zeilen 19 und 20
9) Deschner, Karlheinz: »Kriminalgeschichte des Christentums/ Band 6/ Das 11. Und 12. Jahrhundert«, Reinbek bei Hamburg 1999, S. 192
10) »Der Spiegel« 46/ 1997,  S.190-192: »Tödliche Menge«
11) Zerbes, Maren; »Bauforschung zum Grabmal Papst Clemens II.«, erschienen in »Clemens II. Der Papst aus Bamberg«, herausgegeben vom Erzbischöflichen Ordinariat, Bamberg 1997, S. 45-80
12) Specht, Walter und Fischer, Kurt: »Vergiftungsnachweis an den Resten einer 900 Jahre alten Leiche«, erschienen in: »Archiv für Kriminologie«, Band 124, H. 3/4, 1959, S. 61–84.

Fotos 9 und 10: Der geheimnisvolle Drache vom Papstgrab
Zu den Fotos
Foto 1: Reformpapst Clemens II. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 2:  Clemens II, ermordet? Darstellung etwa 1910, Archiv Langbein
Foto 3: Das Papstgrab, hinter der Kathedra. Foto wiki commons Johannes Otto Först
Fotos 4 und 5: Die bischöfliche Kathedra
Foto 6: Barbusige »Mäßigkeit« oder Giftmischerin? Foto wiki commons Immanuel Giel
Foto 7: Die Drachenbändigerin. Foto wiki commons Johannes Otto Först
Foto 8: Bischof Friedrich von Hohenlohe mit einer Bibel im Arm. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 9 und 10: Der geheimnisvolle Drache am Papstgrab. Fotos wiki commons Johannes Otto Först

358 »Das Grab des Papstes«,
Teil  358der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein,                       
erscheint am 27.11.2016


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Sonntag, 13. November 2016

356 »Wurde Papst Clemens II.ermordet?« Teil I

Teil  356 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein


Foto 1: Blick zur Decke
31. Juli. 2016. Sonntag. 13.00 Uhr. Ich suche am Bamberger Bahnhof nach einem Schließfach für meinen Koffer. Die Sommersonne steht hoch am Himmel. Es ist sommerlich warm. Als ich wenige Minuten später nach einer kurzen Fahrt mit dem Taxi vor dem Dom stehe, bin ich von der Wucht des gewaltigen Bauwerks beeindruckt. Plötzlich ziehen Wolken auf. Es regnet. Eben wuchsen die vier Türme des Doms in den babyblauen bayerischen Himmel, jetzt droht ein Gewitter aufzukommen. Im Verlauf der nächsten Stunden erweist sich das Wetter als höchst wechselhaft, mal sommerlich hell, mal herbstlich trübe.

Ich betrete das Gotteshaus. Es wimmelt von Touristen, die in Scharen von einer Statue zur nächsten, vom Altar zur Krypta hasten. Gerade große Gotteshäuser wie der Dom zu Bamberg werden heute mehr und mehr zu überlaufenen Attraktionen für Touristen, wie Burgen, Schlösser und Denkmäler. Kleine Kirchen und Kapellen bieten meist bessere Möglichkeiten als ihre großen »Kollegen«. Und doch kann man auch in Riesenbauten wie dem Dom zu Bamberg Ruhe finden. Vom hohen Haus geht so etwas wie eine stoische Ruhe aus, die die Scharen von Menschlein nicht wirklich stören können. Die hohe Decke überspannt seit rund 800 Jahren das Gotteshaus.

Die Schlichtheit des Doms entspricht unserem heutigen Geschmack. Im Mittelalter war der Dom freilich bunt. Die hohen Wände zum Beispiel strahlten in Rot, die Pfeiler und Gewölberippen hingegen waren in Elfenbeinweiß gehalten. Die Kapitelle der Säulen setzten sich in Gelb deutlich vom Rot der Wände ab. 

Fotos 2, 3 und 4: Der Bamberger Reiter heute

Bunt war auch der berühmte Bamberger Reiter. Seine Haare waren dunkelbraun. Der unbekannte stolze Reitersmann war ursprünglich sehr hellhäutig. Seine Lippen wirkten wie rot geschminkt. Sein Mantel leuchtete förmlich orange-gelb. An Gold wurde nicht gespart. So war das Gewand des edlen Reiters golden gesäumt, vergoldet waren auch Krone, Gürtel, wie auch das Zaumzeug. Das Pferd kam gar nicht unscheinbar daher. Sein lichtgraues Fell stand im Kontrast zur pechschwarzen Mähne und den schwarzen Hufen.

Im 19. Jahrhundert musste der Dom renoviert werden. Er sollte wieder mittelalterlich wirken, so wie man sich damals das Mittelalter vorstellte, nämlich karg und farblos. Man ließ die Farben verschwinden, was ursprünglich bunt war, wurde schlicht. Es ist diese Einfachheit, die uns heute so gefällt. Wir müssen uns aber darüber im Klaren sein, der Dom sah in seiner Urfassung ganz anders aus.

Fotos 5 und 6: Blick aus dem Ostchor Richtung Westchor

Wechselhaft war das Wetter am 31. Juli 2016. Mal strahlte minutenlang fast grelles Licht durch die hohen Fenster, mal war es draußen trüb-regnerisch und drinnen für einen Moment halbdunkel. Waren eben noch große Menschengruppen im Dom, so konnte es im nächsten Moment fast menschenleer im mächtigen Gotteshaus sein. Wechselhaft war auch die Geschichte des Christentums der vergangenen zwei Jahrtausende. Da gab es immer wieder auch Mord und Totschlag. Selbst Päpste sollen ermordet worden sein, zum Beispiel Johannes Paul I. und Clemens II.

Albino Luciani (* 17. Oktober 1912; † 28. September 1978 in der Vatikanstadt), wurde am 26. August 1978 als Nachfolger Pauls VI. zum Papst gewählt. Er nahm den Namen Johannes Paul I. an. Sein Pontifikat währte nur 33 Tage. Starb er eines natürlichen Todes? Oder wurde er ermordet? Vatikan und die Familie von Johannes Paul I. verweigerten eine Obduktion. So konnte die Todesursache des Heiligen Vaters nie wirklich geklärt werden. Fiel er, wie bis zum heutigen Tage spekuliert wird, einem Mord zum Opfer?

Foto 7: Wurde Papst Johannes Paul I. ermordet?

1984 publizierte David Yallop sein Buch »Im Namen Gottes« (1). Er kam nach intensiven Recherchen zum Ergebnis, dass Johannes Paul I. vergiftet worden sei. Motiv: Der Papst hatte massive Fälle von Korruption in der Vatikanbank entdeckt und wollte sie publik machen. Wollte der Papst wirklich gegen höchste Würdenträger, die in eine Affäre mit die Bank mit dem frommen Namen »Banco Ambrosiano« verwickelt waren, vorgehen? Wollte der Papst gegen Licio Gellis faschistische (?) Freimaurerloge »Propaganda Due« (»P2«) einschreiten? Bis heute kursieren zum Teil obskure Verschwörungsgeschichten. So unterschiedlich sie ausfallen, in einem Punkt sind sich einig: Der Papst wurde ermordet.

Wurde eine Obduktion des nach so kurzer Amtszeit verstorbenen Johannes Paul I. verweigert, im Fall von Papst Clemens II. kam es fast ein Jahrtausend nach dem Tod des Papstes zu einer wissenschaftlichen Untersuchung seiner sterblichen Überreste. Resultat: Todesursache war eindeutig Gift.

Fotos 8 und 9: Papst Clemens II., wurde er ermordet?

Suitger, Graf von Morsleben und Hornburg  (* 1005 in Hornburg, Niedersachsen; † 9. Oktober 1047 im Kloster S. Tommaso am Apsella bei Pesaro) strebte mit großem Eifer Reformen der Kirche an. Er sympathisierte mit Papst Clemens I., der im ersten Jahrhundert lebte und starb. Clemens II. wollte seine Kirche zurück zu den Ursprüngen des Urchristentums führen . Im 11. Jahrhundert, rund ein Jahrtausend nach Jesu grausamem Tod am Kreuz, war die katholische Kirche in die Kritik geraten. Viele Gläubige, auch Teile des einfachen Klerus, waren entrüstet und empört. Die hohe Geistlichkeit hielt sich keineswegs an den Zölibat, die Priesterehe war weit verbreitet. Zum Alltag gehörte auch die Simonie, hohe Kirchenämter wurden auf dem »freien Markt« feil geboten und an den jeweils Höchstbietenden verschachert.

Freilich waren es nicht theologische Erwägungen, die manchen Reichen ein hohes kirchliches Amt kaufen ließen, sondern profanes Gewinnstreben. Enorme Beträge konnten eingefahren, sprich den Gläubigen abgeknöpft werden und wurden nicht selten verprasst. Noch im 15. Jahrhundert war die Simonie, allen kirchlichen Reformbestrebungen zum Trotz, nach wie vor Alltag in der Kirche. Ja im 15. Jahrhundert wurde der Ämterverkauf intensiver denn je betrieben! Selbst um hohe Ämter wurde gefeilscht. So war noch Papst Innozenz VIII. (*1432, †1492),  im Jahr 1484 durch Simonie zum »Stellvertreter Christi« geworden. Innozenz VIII. war ein Befürworter von Inquisition und Hexenverfolgung. Heftig kritisiert wurde er von Girolamo Savonarola (2). Savonarola, ein italienischer Dominikaner und Bußprediger, wagte es, weltlichen und kirchlichen Adel – ganz im Geiste von Papst Clemens II. – zu kritisieren. Folge: Am 13. Mai 1497 beschimpfte Papst Alexander VI. Savonarola  als »Ketzer, Kirchenspalter und Verächter des Heiligen Stuhles« - und exkommunizierte ihn.

Foto 10: Öffentliche Hinrichtung Savanarolas
Unter den schlimmsten Folterqualen gestand Savonarola alle ihm zur Last gelegten Verbrechen gegen den Papst, widerrief dann aber seine Geständnisse. Gerichtsprotokolle und Dokumente wurden gefälscht. Der äußerst unbequeme Kritiker musste einfach ein Verbrecher sein und zum Schweigen gebracht werden. Auf der »Piazza della Signoria« hängte man ihn zunächst und verbrannte ihn dann auf einem gewaltigen Scheiterhaufen. Einige seiner Anhängerinnen versuchten vergeblich, Knochen des Hingerichteten als »Reliquien« an sich zu nehmen. Papst Clemens II. starb an einer Vergiftung, Savonarola wurde 1498 hingerichtet.

Zurück zu Clemens II. von Bamberg. Louis Lewin (3), ein bedeutender deutscher Arzt, Pharmakologe, Toxikologe und Autor, begründete schon vor rund einem Jahrhundert die Industrietoxikologie und modernen Suchtmittelforschung. Der Verfasser des fundamentalen, immer wieder neu aufgelegten Standardwerkes »Die Gifte in der Weltgeschichte« (4) war felsenfest davon überzeugt: Clemens II. wurde vergiftet. Schon in der süditalienischen Quelle  »Lupus Protospatarius« heißt es zum Jahr 1047, dass Papst Benedikt IX. Papst Clemens II vergiftet hat.

Benedikt IX. wurde Weihnachten anno 1046 von aufständischen Römern vom Papstthron gestoßen. Heinrich III. machte daraufhin sofort Suidger von Bamberg zum neuen Papst. Ermordete Benedikt IX. seinen Nachfolger aus Rache? Papst Viktor III. warf später Benedikt IX. Handel mit Ämtern, lasterhaftes Leben und Mord vor. Vergiftete also tatsächlich Benedikt IX. Reformpapst Clemens II.? Fakt ist: Clemens II. war nur wenige Monate im Amt. Nach seinem Tod beanspruchte Benedikt IX. erneut das Pontifikat und wurde tatsächlich wieder zum Papst erhoben.

Foto 11: Dom zu Bamberg, Grundriss

Durch die Marienpforte betreten wir den Dom zu Bamberg. Links steht ein steinerner Clemens II. Die Figur lag womöglich einst auf seinem Sarkophag. An der nördlichen Chorschranke vorbei geht es weiter. Wir biegen nach links ab und stehen vor dem Kaisergrab. Im Rücken haben wir jetzt den Ostchor. Wir blicken Richtung Westchor, durchschreiten das Kirchenschiff – auf der Suche nach dem Papstgrab.

Wir gehen an der Orgel vorbei. Unser Blick fällt auf einen mysteriösen Stuhl. Was verbirgt sich dahinter? (Fortsetzung folgt!)

Foto 12: Kanzel und Orgel
Fußnoten

1) Yallop, David: »Im Namen Gottes?/ Der mysteriöse Tod des 33Tage Papstes Johannes Paul I./ Tatsachen und Hintergründe«, gebundene Ausgabe Droemer Knaur Verlag 1984
2) * 21. September 1452 in Ferrara; † 23. Mai 1498 in Florenz
3) * 9. November 1850 in Tuchel, Westpreußen; † 1. Dezember 1929 in Berlin
3) Lewin, Louis: »Die Gifte in der Weltgeschichte«, Berlin 1920

Zu den Fotos 

Foto 1: Blick zur Decke. Foto Walter-Jörg Langbein
Fotos 2-4: Der Bamberger Reiter heute. 
 Fotos Walter-Jörg Langbein

Fotos 5 und 6: Blick aus dem Ostchor
Richtung Westchor. Fotos Walter-Jörg Langbein
Foto 7: Wurde Papst Johannes Paul I. emordet? 
Vatikanische Grotten, Petersdom, Rom,
Foto wiki commons public domain
Foto 13: Was verbirgt sich hinter diesem Stuhl?
itUtenteRiccardov
Fotos 8 und 9: Papst Clemens II., wurde er ermordet?
Foto 8 Walter-Jörg Langbein, Foto 9
Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 10: Öffentliche Hinrichtung Savanarolas
Foto wikimedia commons public domain
Foto 11: Dom zu Bamberg. Grundriss.
wikimedia commons public domain Immanuel Giel
Foto 12: Kanzel und Orgel. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 13: Was verbirgt sich inter diesem Stuhl?
Foto Walter-Jörg Langbein

357 »Wurde Papst Clemens II.ermordet?«
Teil II
Teil  357 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein,                       
erscheint am 20.11.2016



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Freitag, 11. November 2016

Just my fifty Cents - Gedanken zur Wahl von Donald Trump

Freitagskolumne von Ursula Prem

Ursula Prem
Donald Trump ist ein Sexist, ein absolutes No-go, und er wird zudem unterstützt von Pepe, dem respektlosen, vulgären und indiskutablen Alt-Right-Comic-Frosch. Das in etwa ist es, was die vereinigte Regenbogenpresse, zu der man inzwischen auch SPIEGEL und ZEIT zählen muss, gegen die Person des neuen US-Präsidenten vorzubringen hat. Viele Quadratkilometer besten Waldes mussten wohl ihr Leben lassen für all das schöne Papier, das bedruckt wurde, um uns hier in Deutschland nahezu faktenfrei gegen Trump einzustimmen: Möchtegernpolitiker verkauften den »Immobilienmogul« als das absolute Böse, Möchtegernjournalisten griffen den Faden aufgrund von Zeitmangel und Unterbezahlung dankbar auf, und sogar völlig abgefuckte Möchtegernpsychiater beschäftigten sich mit der Person Trumps: als dem dringend zu behandelnden Patienten. - (I apologize for Germany, Mr. Trump, but your ancestors surely had their reasons for emigrating.)

Während alle Welt sich im Vorfeld der Wahl mit der Dämonisierung Trumps beschäftigte und dazu mit voyeuristischer Eindringlichkeit ein elf Jahre altes Video Trumps aus dem außerpolitischen Bereich sichtete, ging die Tatsache, dass in der ecuadorianischen Botschaft in London ein Mann um sein Leben kämpft, völlig an unseren Meinungsmachern vorbei. Dass Julian Assange nicht »rechts« oder »links« agiert, sondern einfach nur den Boden der Tatsachen ausleuchtet, egal, für oder gegen wen diese Tatsachen sprechen, scheint ein massives Problem für unsere angeblich ebenso neutrale und unvoreingenommene Presse darzustellen. Dass Hillary Clinton gewinnen »musste«, das »wusste« »man« einfach. Es gehörte zum guten Ton des postdemokratischen Zeitalters, wie das fatalistisch zu erduldende Erscheinen des Weihnachtsmanns am 24. Dezember. Dass ein Sieg Clintons möglicherweise Assanges physischen Tod bedeutet hätte, interessierte die Horrorclowns, die heute das Sagen in den großen Redaktionen übernommen haben, nicht die Bohne.   

Wer bei den etablierten Medien eine detaillierte journalistische Auswertung der Veröffentlichungen sucht, die Wikileaks unter Einsatz des Lebens seiner Mitarbeiter getätigt hat, muss schon gezielt danach suchen. Fündig wird er dann unter anderem bei der kanadischen National Post, die sich mit einigen der durch Wikileaks enthüllten Verstrickungen der Clinton-Stiftung beschäftigte:

»The Clinton Foundation raised $26 million from Sweden while the Swedish government was lobbying the State Department to not sanction Swedish businesses working with Iran.«

Berührungsängste mit radikalislamistischen Staaten wie Saudi-Arabien waren Hillary Clinton übrigens schon seit langem fremd, gehörten diese doch zu den Großspendern der familieneigenen Stiftung. Dass ausgerechnet auch eine saudi-arabischstämmige Mitarbeiterin namens Huma Abedin zu ihrer engsten Freundin und Beraterin wurde, mag dem amerikanischen Wähler ein gewisses Misstrauen eingeflößt haben:


Im Falle eines Wahlsieges von Hillary Clinton wäre Huma Abedin mutmaßlich zur Stabschefin des Weißen Hauses aufgestiegen. Was das nicht nur für die USA, sondern in Anbetracht des herzlichen Einvernehmens zwischen Hillary Clinton und Angela Merkel auch für Europa bedeutet hätte, darüber zu spekulieren mag den Historikern vorbehalten sein, so es eines Tages wieder Historiker mit ideologisch unverstelltem Geschichtsbewusstsein geben wird.

Was ist zum Totalversagen unserer Presse noch zu sagen? Während die ZEIT im August noch manchmal auf der richtigen Spur war, ergeht sich die einstmals erste journalistische Adresse Deutschlands heute im Veröffentlichen infantiler Anleitungen zur Bekämpfung eines demokratisch gewählten Präsidenten. Die Ratschläge gipfeln in Aufrufen wie diesem:

»Wer einen angehenden Diktator unterstützt, muss auch im persönlichen Umfeld die Konsequenzen zu spüren kriegen: Nein, wenn du Trumps Machtmissbrauch ermöglichst, werde ich dich auf der Straße nicht mehr freundlich grüßen.« 

Ob Trump jemals Machtmissbrauch begehen wird, wissen wir nicht, denn politisch ist er ein noch unbeschriebenes Blatt. Darin unterscheidet er sich von Hillary Clinton: Bei ihr hätte man sich in genau dieser Frage schon heute nahezu sicher sein können. Dass sich die Hälfte aller US-amerikanischen Wähler vor der allgegenwärtigen Ausgrenzungsdrohung durch AktivistInnEn der schreibenden Zunft schon lange nicht mehr fürchtet, zeigt ihre Wahlentscheidung für Donald Trump. Ich mutmaße, dass der Wahlsieg des erfrischend unideologischen Geschäftsmanns sich bald als ein großes Glück erweisen wird. 


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Dienstag, 8. November 2016

Ein Buch lesen! – Beste Schmunzelmedizin!

Das Cover vom neuen Cartoonband Habecks


Was wurde nicht schon über Mona Lisa von Leonardo da Vinci gerätselt. Man stelle sich vor: Ein Außerirdischer entdeckt eine Schatzkiste mit echten Gemälden des Meisters! Verrückt? Im Reinhard Habecks neuem Cartoon-Band  wird diese Geschichte dargestellt.  Einfach köstlich: »Rüssel Lisa Original«, »Adi Lisa Original« und »Merkel Lisa Original«. Wieder herrlich humorvoll, gelegentlich respektlos und immer unterhaltsam. In zwei Worten: Beste Schmunzelmedizin!   

Der Rezensent wurde schon wiederholt »Opfer« des Karikaturisten Reinhard Habeck. Reinhard, Multitalent aus Österreich, hat mich immer mit spitzer Feder gezeichnet, was aber unsere nun schon seit Jahrzehnten währende Freundschaft nicht getrübt hat. Freundschaft hin, Freundschaft her: Meine Rezension wird nicht geschönt. Ich bleibe objektiv. Und wenn ich lobe, dann weil ein gutes Buch nur gelobt werden kann. In meiner Rezension von »Rüsselmops der Außerirdische« schrieb ich u.a.:

»In einer Zeit des platten Fernsehhumors wirkt Habecks ›Rüsselmops der Außerirdische – Sein erstes Buch‹ erfrischend genial... eine seltene Perle, der hoffentlich noch weitere Bände folgen werden.«
    
Echte da Vincis?


Nun ist endlich Band 2 erschienen, großformatig, 80 Seiten stark, durchgehend in Farbe. Erich von Däniken schrieb in seinem Vorwort zu Band 1: »Dem Universum sei gedankt, gibt es Reinhard Habeck, der mit farbigen Stiften, viel Geist, Verstand und der Zartheit des Herzens ein Werk erschuf, das in unserem Sektor der Galaxie einzigartig ist Rüsselmops möge unsterblich bleiben!«  Diesem Wunsch schließe ich mich an. Und ich füge hinzu: Möge Reinhard Habeck noch viele, viele Jahre auf  Erden weilen und uns noch weitere Rüsselmops-Werke präsentieren!

Reinhard  Habecks Rüsselmops ist längst schon zur Kultfigur geworden. Auch Band 2 bietet wieder köstlichen Humor und herrliche – ja sind es Karikaturen? Wie dem auch sei: Aus Sicht eines Außerirdischen erscheinen wir Menschen wohl oftmals als seltsam, ja skurril. Was wir Erdlinge als selbstverständlich hinnehmen, das muss für außerirdische Beobachter befremdlich wirken. So hält uns Reinhard Habeck einen Spiegel vor, der uns unsere menschlichen Absonderlichkeiten und Schwächen erkennen lässt. Dabei wird Habeck nie bösartig. Sein Humor ist einfach köstlich. Seine Cartoons sind einfach köstlich!
    
Der erste Rüsselmops-Cartoonband


Meine Rezension zu Band 1 schloss ich mit den Worten: »Möge Rüsselmops noch viel erleben... der intergalaktische Eulenspiegel. Seinem Biografen Reinhard Habeck mögen die schon so kräftig sprudelnden Ideen niemals ausgehen!« Band 2 beweist: Dem Autor und Karikaturist Habeck sind die Ideen nicht ausgegangen, sie sprudeln weiter und weiter. Ich bin sicher: Sie werden ihm auch so schnell nicht ausgehen, so wie er tagtäglich immer neue Ideen produziert, und das schon seit vielen Jahren!

Ich habe mich schon wiederholt gefragt: Zeichnet Reinhard Habeck nun Karikaturen? Oder sind es Comics? Zeichnet er? Malt er? Von allem etwas.

Ich freue mich: Schön, dass es ihn gibt. Leider wird in einer Welt oft geschmackloser »Fernsehunterhaltung« immer mehr Stupidität als Humor verkauft . Leider wird offenbar ein »Wettbewerb« zwischen »Humoristen« ausgetragen. Gewinner ist, wer das Niveau noch weiter unter die Schmerzgrenze (oder ist es die Schamgrenze?) senken kann. Leider wird offenbar immer öfter plumpe Beleidigung als lustig angeboten und akzeptiert. Gut, dass es als kleinen Ausgleich Habeck gibt. Wie in Band 1 schenkt er uns mit Band 2 seiner Rüsselmops-Serie geistreiche Unterhaltung der besten Art, und das in Wort und Bild.

Reinhard Habeck: »Rüsselmops vermopst das Universum: Sein zweites Buch«, 80 Seiten, durchgehend in Farbe, 21,1 x 1 x 29,6 cm, Ancient Mail Verlag 2016, ISBN-13: 978-3956521744, Euro 14,90

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>> Band 1

                                                     Rezensent:  Walter-Jörg Langbein

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Montag, 7. November 2016

Ein Buch lesen! - »Mohamed« von Hamed Abdel-Samad

Das Leiden des Propheten an sich selbst

Ein Buchtipp von Ursula Prem

Mohamed
Eine Abrechnung
von Hamed Abdel-Samad
Wer die prägenden Faktoren einer Kultur verstehen will, muss zurück zu ihren Wurzeln gehen und die Anfänge betrachten. Nur im Urschleim finden sich die unverfälschten Blaupausen, die den Kern aller Probleme sichtbar machen. Dies gilt auch für den Islam, dessen eindrucksvolle Blutspur nicht erst seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in New York die Welt umspannt.


Nun, da der fanatische Islam mit einer klar erkennbaren Strategie nach der westlichen Welt greift, ist die kritische Auseinandersetzung mit dieser Ideologie für jeden freien Menschen überlebensnotwendig. Und wer könnte wohl besser dazu beitragen, diese finsterste Bedrohung unserer Zeit zu begreifen, wenn nicht Menschen, die ihre »Segnungen« erlitten haben? Dass ein Mann wie der aus Ägypten stammende Hamed Abdel-Samad es wagt, sich kritisch mit einer Ideologie auseinanderzusetzen, deren fanatische Anhänger jeden Kritiker mit dem Tode bedrohen, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Was Abdel-Samad in seinem Buch »Mohamed« über den Mann zu berichten weiß, den Milliarden von Menschen auf der Welt als ihren unfehlbaren »Propheten« betrachten, geht uns alle an. Sage niemand hinterher, er habe von nichts gewusst!

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Wie sich aus der vom Autor rekonstruierten Biografie Mohameds unschwer ergibt, stellte die Gründung der neuen Religion für ihren Stifter eine Art Selbsttherapie dar. So war es für ihn, der zeitlebens unter Angstzuständen und unklaren Anfällen litt, sicher leichter erträglich, sich diese Erscheinungen durch eine »göttliche Offenbarung« zu erklären. Dass tatsächlich Mohameds eigener Geist als Urheber des angeblich »göttlichen« Wortes zu betrachten ist, weist Abdel-Samad schon dadurch nach, dass so manche Sure in zeitlicher Übereinstimmung mit ganz persönlichen moralischen Zwickmühlen entstanden ist, in denen sich Mohamed nicht selten befand. Wir erfahren zudem, dass es eine Bande gesetzloser Straßenräuber war, die der neuen Religion mit aller Gewalt zum Durchbruch verhalf.

Opportunität oder göttliche Eingebung?


Auch die unterschiedliche Ausrichtung der in Mekka entstandenen Suren, verglichen mit den ungleich gewalttätigeren Hervorbringungen aus Medina, ist durch Mohameds Biografie viel eher zu erklären, als durch einen eventuellen Meinungswechsel Allahs. Neben Mohameds wachsender Macht ist es besonders sein ambivalentes Verhältnis zu Frauen, das sich im Koran 1:1 widerspiegelt. So schreibt Abdel-Samad:

»Je mächtiger er wurde, desto einsamer wurde er und desto seltsamer wurde sein Umgang mit seinen Frauen. […] Eine klare Linie ist kaum zu erkennen; einmal war er liebevoll und zuvorkommend, machte ihnen Zugeständnisse. Dann wieder kontrollierte er seine Frauen auf Schritt und Tritt, schrieb ihnen den Vollschleier vor, schränkte ihre Bewegungsfreiheit ein und erlaubte ihnen, mit Männern nur dann zu reden, wenn eine Wand die Sprechenden voneinander trennte. Gegen Ende seines Lebens ging er mit Frauen um wie mit Gegenständen, die man nach Belieben sammeln konnte. In den letzten acht Jahren seines Lebens heiratete Mohamed alle paar Monate eine neue Frau.« 
[Quelle: »Mohamed«, S. 107]

Und auf S. 123 des Buches erfahren wir:

»Mohamed konsumierte Frauen, wie ein durstiger Mann, der Salzwasser trinkt. Je mehr er trank, desto durstiger wurde er. Die Kriege, die er führte, eröffneten ihm und seinen Kämpfern neue Wege, um an Frauen heranzukommen.«

Wie unfassbar brutal Mohamed dabei zu Werke ging, besonders wenn es sich um jüdische Stämme handelte, berichtet Abdel-Samad im Anschluss.  

Virtuelles Apartheidstraining als originelle Herausforderung


Dass die persönlichen Schwierigkeiten des angeblichen Propheten im Umgang mit dem anderen Geschlecht bis heute über die Hadithen normativen Charakter für die gesamte islamische Welt haben, sie also eine fehlerhafte Blaupause darstellen, die wie ein bösartiges Virus den Körper der gesamten Menschheit befällt, zeigt brandaktuell übrigens auch ein hoffnungsfrohes IT-Startup-Unternehmen aus Gaza: Dort entwickelten gläubige Programmierer und brav bekopftuchte Programmiererinnen ein lustiges Computerspiel, in dem Gamer Trennwände zwischen Männern und Frauen errichten müssen. Das Spiel habe besonders in Saudi-Arabien Marktpotenzial. Ah, ja. Wir sollten uns wirklich Sorgen machen über die kaum verhohlene Begeisterung, mit denen ausgerechnet das ZDF heute-journal am 6. Oktober 2016 über das junge Unternehmen berichtete. Zur spielerischen Trennung der Geschlechter meinte Moderator Claus Kleber: »Das mit den Absperrschildern ist eine originelle Herausforderung!«, während Gundula Gause dazu ihr verständnisvollstes Lächeln aufsetzte. Auf eine Kennzeichnung des Beitrags als Satire wartete man leider vergeblich. Ob sich Mohammed diesen durchschlagenden Erfolg hätte träumen lassen?   

Und so frisst sich das Leiden des Propheten an sich selbst immer weiter in die Seele der ganzen Menschheit. Setzen wir ihm wenigstens im Westen ein Stoppsignal, so lange das noch möglich ist. Hamed Abdel-Samad leistet mit seinen Büchern dazu einen derart kenntnisreichen und wertvollen Beitrag, dass eigentlich ihm der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels gebührt hätte.

>> Jetzt lesen: »Mohamed – Eine Abrechnung« von Hamed Abdel-Samad



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Sonntag, 6. November 2016

355 »Kunigundes Kopf«

Teil  355 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein


Fotos 1 und 2: Das Sonnenloch
Wir stehen vor dem Ostchor des Bamberger Doms. Zu unserer Linken sehen wir die »Adamspforte«, zu unserer Rechten die »Marienpforte«. Betrachten wir die steinerne Wölbung des Ostchors genauer, so fällt uns in der Mitte zwischen zwei »Säulen« eine kreisrunde Öffnung im Mauerwerk auf. Man bezeichnet dieses lukenartige Fensterchen auch als »Sonnenloch«. (Siehe Fotos 1 und 2!) Wikipedia definiert den Ausdruck »Sonnenloch« wie folgt: »Als Sonnenloch wird eine Öffnung in manchen alten Kirchen und Kapellen bezeichnet, die an der Ostseite angebracht ist und durch die zu bestimmten Zeiten des Jahres (meistens ist es die Tagundnachtgleiche im März und September) das Sonnenlicht auf eine bestimmte Stelle der gegenüberliegenden Kirchenwand fällt und dort einen hellen Fleck oder auch ein Kreuz bildet.« Wikipedia illustriert diesen kurzen Artikel mit einem Foto des Sonnenlochs am Bamberger Dom.

Vor Ort erkundigte ich mich bei einem Geistlichen, der eine Gruppe japanischer Touristen führte, nach der Bedeutung des »Sonnenlochs«. Er erklärte mir: »Am 29. Juni, dem Namenstag des heiligen Apostels Petrus« strahlt die Sonne für wenige Minuten durch diese kleine Öffnung und es taucht dann ein gleißender Lichtfleck auf dem Hauptaltar des Paulus im Westflügel auf!« Ich bat den Priester um ein kurzes Interview zum Thema, was er aber vehement ablehnte. Er erklärte mir, immer ärgerlicher werdend, dass »Sonnenlöcher« in christlichen Gotteshäusern für so manchen Theologen ein Tabuthema seien. »Sonnenlöcher werden oft als heidnisch angesehen, als Hinweis auf eine astronomische Ausrichtung der Kirchen, Kapellen und Dome.«

Foto 3: Die Belsener Kirche

So gab es zum Beispiel, wie ich erfuhr, in der Belsener Kirche, auch Belsener Kapelle (1) genannt, ein »Sonnenloch«.  Das rätselhafte kleine Gotteshaus entstand um 1150, und zwar auf den Fundamenten einer wesentlich älteren Kapelle.  Anno 1752 zierten einen Giebel der Kapelle gleich drei Sonnen. Sie sollen die Auferstehung Christi symbolisieren. Anno 1784 erschien in Stuttgart das Buch »Topographische Geschichte des Herzogthums Würtemberg« von Christian Friedrich Sattler. Es enthielt vor Seite 309 eine präzise Zeichnung des Giebels. Freilich wird da die Kapelle als »Tempel« bezeichnet und die merkwürdigen Darstellungen wurden als »Götzenbilder« tituliert.

Unverkennbar ist der Hinweis auf eine ursprünglich heidnische Bedeutung der Darstellungen. Auf der Homepage der »Ev. Kirchengemeine Belsen« lesen wir: »Bekannt ist die jetzige Kirche vor allem durch die geheimnisvollen und viel gedeuteten Reliefs am Westgiebel. Die drei »Sonnen« fielen den Witterungseinflüssen zum Opfer und sind längst verschwunden. Das Sonnenloch selbst wurde von außen geschlossen, von innen ist es aber noch zu erkennen. Computersimulationen bestätigten die Realität der Lichterscheinung. Zur Tag- und Nachtgleiche zauberte es auf der gegenüberliegenden Seite im Westen ein »Kreuz aus Lichtbalken«. Auf heidnische Wurzeln deutet eine keltische Viereckschanze im Süden von Belsen.

Von Belsen zurück nach Bamberg: Nach offizieller Lesart diente das »Sonnenloch« vom Bamberger Dom nicht, wie der Name suggeriert, um Sonnenstrahlen durchzulassen. Ein Reliquienschrein habe sich im Inneren des Doms direkt hinter der Öffnung in der Mauer befunden. Licht konnte also nicht von außen in das Gotteshaus fallen. Vielmehr sollen aus dem Inneren des Gotteshauses ganz besondere »Strahlen« auf Bamberg gefallen sein. Und die gingen nicht von der Sonne aus, sondern kamen aus dem Reliquienschrein, der den Schädel der heiligen Kunigunde beherbergte. Kunigunde, etwa 980 im heutigen Luxemburg geboren, um 1033 verstorben, Gattin Heinrich II., Mitbegründerin des ursprünglichen Doms, wurde im Jahr 1200 von Papst Innozenz III. heiliggesprochen. Erst anno 1513 vollendete kein Geringerer als Tilman Riemenschneider im Dom zu Bamberg das Grabmal des kaiserlichen Paares.

Fotos 4 und 5: Der Kaisersarg
Im Gespräch mit einer Pilgergruppe aus Altötting wurde mir klar, welch großer Beliebtheit sich die Heilige Kunigunde auch heute noch erfreut. Sie überstrahlt ihren bei weitem nicht so verehrten Gatten Heinrich II. (2). Im Lauf der Jahrhunderte rückte sie fast an die Seite der Gottesmutter Maria, als »Königin und Jungfrau« nimmt sie eine ganz besondere Position im Himmel ein. Der Legende nach bezichtigte man die Kaiserin der ehelichen Untreue. Um ihre Unschuld zu beweisen, bestand sie auf einem Gottesurteil. (Siehe Fotos 6 und 7!)

Sie lief, so heißt es, über rotglühende Pflugscharen – und blieb unverletzt. Nach einer Variante der Legende schritt sie nicht über Eisen, sondern über glühende Kohlen.

Im Volksglauben sah man wohl schon früh zwischen der Gottesmutter Maria und Kunigunde Parallelen. Letztere konnte als irdische Herrscherin durchaus ein wenig mit Maria (»Himmelskönigin«) verglichen werden. Ob freilich Kunigunde tatsächlich – wie dem katholischen Glauben nach Maria – ewige Jungfrau blieb, das sei dahingestellt. Kinderlos war die Ehe von Heinrich II. und Kunigunde allerdings. Ob freilich das kaiserlich Ehepaar wirklich aus religiösen Gründen auf Intimitäten verzichtete, oder ob es medizinische Gründe für den fehlenden Nachwuchs gab? Wir wissen es nicht.

Kunigundes Schädel wurde jedenfalls als besonders kraftvolle Reliquie angesehen, die durch das vermeintliche »Sonnenloch«  hindurch segensreichen Einfluss auf die Bewohnerinnen und Bewohner von Bamberg haben sollte. Eine andere Reliquie der Heiligen Kunigunde – vermutlich ein Stück des Oberschenkelknochens – gelangte irgendwann auf unbekanntem Wege nach Florenz und wird im Museum der Medicikapellen  in einem kostbaren Reliquiar aus geschliffenem Bergkristall verwahrt. Vorübergehend stellte das Museum die Reliquie dem Bamberger Dom als »Leihgabe« zur Verfügung.

Fotos 6 und 7: Kunigundes Gottesurteil
Polykarp von Smyrna (etwa 69-155) wird von der katholischen und orthodoxen Kirche als Märtyrer verstanden und als Heiliger verehrt. Nach kirchlicher Überlieferung kannte Polykarp die Jünger Jesu noch persönlich. Wie Jesus war er den Römern suspekt, wurde verhaftet und der grölenden Menge zur Ermordung ausgehändigt. Er sollte auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden, so besagt es die fromme Legende. Als aber die heißen Flammen keinerlei Wirkung bei dem 86-jährigen Greis zeigten, wurde er kurzerhand erstochen. Die sterblichen Überreste Polykarps wurden von der jungen christlichen Gemeinde als heilig angesehen. Sie wurden zu den ersten  Reliquien der Christenheit. Heute befinden sie sich auf dem Hochaltar der Kirche Sant’Ambrogio della Massima.

Luther wetterte 1524 gegen Reliquien in seiner Schrift »Wider den neuen Abgott und alten Teufel«. Auslöser für Luthers Tiraden war die Verehrung, die den Gebeinen des heiliggesprochenen ehemaligen Bischofs Benno von Meißen (1010-1106) zuteilwurden. Derlei Knochen waren für Luther nur »tot Ding« (tote Dinge). Ob Luther nicht bekannt war, dass die segensreiche Wirkung von Reliquien bereits im Alten Testament beschrieben wird? Im 2. Buch Könige (3) lesen wir: »Als aber Elisa gestorben war und man ihn begraben hatte, fielen streifende Rotten der Moabiter ins Land Jahr um Jahr. Und es begab sich, dass man einen Mann zu Grabe trug. Als man aber einige Leute von ihnen sah, warf man den Mann in Elisas Grab. Und als er die Gebeine Elisas berührte, wurde er lebendig und trat auf seine Füße.«

Fotos 8-10: Kunst am Kaisersarg
Im Lauf der Jahrhunderte wurden Reliquien klassifiziert. Als Reliquien erster Klasse gelten die toten Leiber von Heiligen oder Teilstücke davon, zum Beispiel Haare oder Knochen. Reliquien zweiter Klasse sind Gegenstände, die in direkten Kontakt mit lebenden Heiligen hatten, zum Beispiel Gewänder oder Folterinstrumente. Reliquien dritter Klasse sind Objekte, die in Kontakt mit Reliquien erster Klasse gekommen sind. Mit solchen Reliquien wurde zeitweise ein schwunghafter Handel betrieben. Sie konnten beliebig hergestellt werden, indem man – zum Beispiel – Papier-  oder Stoffschnippselchen  kurz auf Knochen eines Heiligen legte. Speziell in Südeuropa werden derlei Reliquien von niederem Rang an Wallfahrtsorten an Pilger – etwa in Verbindung mit Heiligenbildchen – verkauft.

Heilende Wirkung von Reliquien der zweiten Klasse wird im Neuen Testament beschrieben. Ob auch dieser biblische Beleg dem Reformator Luther unbekannt war? Dem Stoff, der mit dem Paulus in Berührung gekommen war, haftete nach frühchristlichem Glauben noch dessen Heiligkeit an und ließ Kranke gesund werden (4): »So hielten sie auch die Schweißtücher und andere Tücher, die er auf seiner Haut getragen hatte, über die Kranken, und die Krankheiten wichen von ihnen und die bösen Geister fuhren aus.«

In Sachen »Heiligenverehrung« unterschied sich die junge christliche Kirche stark von der heidnischen Konkurrenz. Ein Mensch mochte zu Lebzeiten noch so heilig gewesen sein, nach seinem Tod galt für die Menschen der heidnischen Antike sein Leichnam als unrein, ja als gefährlich, und zwar aus Gründen der Hygiene.

Foto 11: Vitus-Reliquiar von Corvey

Mir begegneten Reliquien immer wieder auf meinen Reisen, zum Beispiel in Corvey. In Kairo wurden mir gar mehrere kleine einige Lederfetzen zum Kauf angeboten, die angeblich einst zum Schuhwerk des Apostels Paulus gehörten. Angeblich würden sie Fußbeschwerden jeder Art heilen. Angeblich wurden diese »Reliquien« zuletzt in koptischen Klöstern versteckt. Ich sei doch viel zu Fuß unterwegs, da würden gesundheitliche Probleme unweigerlich auftreten. Die angeblichen »Paulusreliquien« würden aber nicht nur mir gut tun, sondern der Allgemeinheit. »Tun Sie sich das Paulusleder in Ihre Schuhe. Ihre Füße werden niemals schmerzen. Und wo immer Sie entlang gehen, heiligen Sie den Boden, auf dem Sie wandeln!«

Als ich dankend ablehnte, wurden mir – zu erheblich günstigerem Preis – Reste von Cheops Mumie offeriert. »Auch das sind Reliquien! Sie schützen vor Flüchen jeglicher Art! Und sie verleihen die Weisheit des Pyramidenbauers!« Wieder nahm ich Abstand vom Erwerb der »Kostbarkeiten«. Derlei Schätze, so erklärte ich mit todernster Miene, müssten doch unbedingt in Ägypten bleiben.

Foto 12: Klosterkirche Corvey
Fußnoten

1) Belsen ist ein Stadtteil von Mössingen im Landkreis 
Tübingen, Baden-Württemberg , nicht zu verwechseln 
mit dem anderen, weltweit »bekannten« Belsen. 
Im KZ Bergen-Belsen, Kreis Zelle, starben bis zur 
Befreiung durch britische Truppen am 15. April 1945
mindestens 52.000 Häftlinge auf Grund der 
unsäglichen Haftbedingungen.
2) Heinrich II.  wurde bereits 1146 heiliggesprochen.
3) 2. Buch Könige Kapitel 13, Verse 20 und 21
4) Apostelgeschichte Kapitel 19, Vers 12

Zu den Fotos
Foto 13: Klosterkirche Corvey
Fotos 1 und 2: Das Sonnenloch. Der gelbe Pfeil deutet 
auf das Sonnenloch. Fotos Walter-Jörg Langbein
Foto 3: Die Belsener Kirche. Archiv Walter-Jörg Langbein
Fotos 4 und 5: Der Kaisersarg. Fotos Walter-Jörg Langbein.
Fotos 6 und 7: Kunigundes Gottesurteil. 
Foto 6 Walter-Jörg Langbein. 
Foto 7 wikimedia commons public domain Johannes Otto Först
Fotos 8-10: Kunst am Kaisersarg. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 11: Vitus-Reliquiar von Corvey. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 12: Klosterkirche Corvey. Foto Walter-Jörg Langbein 
Foto 13: Klosterkirche Corvey. Foto Walter-Jörg Langbein

356 »Wurde Papst Clemens II. ermordet? Teil I«,
Teil  356 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein,                       
erscheint am 13.11.2016

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